komplexe Situation unterm Regenbogen

Ich habe ungefähr zehn Jahre als Pädagoge mit Jugendlichen gearbeitet (Nachmittagsbetreuung im Tagesinternat und in der freien Jugendhilfe – Jugend-WGs, Familienhilfe, Eins-zu-Eins …).
Ich mag diese Altersgruppe der Heranwachsenden, so anstrengend ich sie manchmal auch finde (vielleicht ist es der „Job“ dieser Altersgruppe, anstrengend zu sein?).

Aus Verbundenheit zu dieser Zeit, möchte ich die folgende Beobachtung und meine Gedanken dazu teilen.

Es war eine Veranstaltung der Friedensbewegung auf dem Königsplatz in Augsburg. Es waren ca. 15 Teilnehmende, man kannte sich, stand im Kreis, unterhielt sich, während zwei Transparente und eine große Regenbogen-Fahne halbhoch gehalten wurden.
Ich stand am Rand und hörte zu. Gleichzeitig beobachte ich, wie unser Grüppchen auf die wenigen Passanten zu der winterabendlichen Zeit wohl wirkte. Mir fielen mehrere deutschsprachige Jugendlichen mit vermutlich arabischen Wurzeln auf, die irgendwie um uns herum zu schleichen schienen.
Die Veranstaltung neigte sich dem Ende zu als plötzlich ein etwa 15-jähriger Junge blitzschnell auf uns zuschoss, die Regenbogen-Fahne an sich riss und genauso schnell war er wieder weg. Drei oder vier andere Jugendlich decken seinen Fluchtweg geschickt ab und ich war wieder mittendrin in meinem vergangenen Sein als Familienhelfer und der pädagogischen Arbeit mit dieser Altersgruppe.

Die verständnislose Empörung in der Gruppe interessierte mich in dem Moment weniger als der Wunsch zu verstehen, warum dieser Raub gewagt wurde. Die anderen packten ihre Sachen und zogen kopfschüttelnd ab – ich blieb einfach da.
Und nach ca. zehn Minuten kamen alle Jugendlichen zusammen und feierten ihren jungen Helden und seine Tat. Vorsichtig näherte ich mich und es entspann sich in etwa folgender Dialog zwischen der Gruppe und mir:

„Entschuldigt bitte, ich bin Frührentner. Früher habe ich als Pädagoge mit Jugendlichen etwa in eurem Alter gearbeitet, im Internat und auf der Straße.
Ich will nicht schimpfen, ich will Euch verstehen, warum habt Ihr die Fahne geklaut?“

„Echt, Alter, Du willst uns nicht anzeigen oder sowas?“

„Nein, ich würde gern einfach mit Euch reden – wenn Ihr nicht wollt, gehe ich einfach weiter“

„Warum willst Du mit uns reden?“

„Weil ich Euch verstehen will. Warum habt Ihr die Fahne denn nun geklaut?“

„Weil sie scheiße ist“

„und warum ist sie scheiße?“

„hör mal Mann, Mann und Frau, das gehört zusammen und alles andere ist echte Scheiße“

Zuhause erst konnte ich die Regenbogenfahne googeln. Der Regenbogen stand ursprünglich für den Frieden zwischen allen Menschen und Völkern. Also eine Völkerfriedensfahne.
Als die LGBT-Bewegung aufkam, wurde noch ein pinkfarbiger Streifen hinzugefügt und fertig war eine irgendwie neue Bedeutung: Frieden zwischen wirklich allen Menschen.
Aber nach ihrer Begründung wurden die Knaben richtig gesprächig, wie wenn sie sich etwas von der Seele reden, weil sie nicht so viele echte erwachsene Zuhörer haben:

„ist echt scheiße, wenn Männer mit Männern und so, das will Gott nicht“

„das ist vollkommen unnatürlich“

„euer Staat ist vollkommen krank“

Wo sie denn herkämen, fragte ich, es waren Jugendliche aus Syrien.

„Bei uns daheim gibt es klare Regeln, das ist gut. Wenn man dagegen verstößt, tut es weh.“

„Euer Staat ist viel zu weich mit uns“

Ich dachte nach, betrachtete die Situation aus allen möglichen Blickwinkeln:

  • ich verstand, dass die Friedensbewegten empört waren. Ihnen war etwas für sie Friedenstiftentes entrissen und gestohlen worden.
    Sie taten doch in ihren Augen Gutes: für den Völkerfrieden eintreten.
  • ich verstand die Jugendlichen, die sich provoziert fühlten und die ihren Ärger mit einer Mutprobe verbunden hatten, sie schienen mir zu sagen: hey, wir sind mit Muttermilch aufgezogene Wildpferde, wenn uns keiner Grenzen setzt, drehen wir durch…
    Sie taten doch in ihren Augen Gutes: für Ordnung auf der Welt eintreten.
  • ich verstehe die LGBT-Menschen, die einfach friedlich leben möchten. Sie sehen sich vielleicht sogar als besonderes „Völkchen“, das in Frieden mit allen anderen leben möchte.
    Sie tun in ihren Augen auch Gutes: für den Frieden zwischen allen Menschen eintreten.
  • ich verstehe unseren Staat, der so lange als nur möglich partnerschaftlich-demokratisch handeln und ordnen will und eher auf Verständnis als auf harte Strafen als Abschreckung setzt
    Er tut in seinen Augen auch Gutes, indem er für Eigenverantwortung und Verständnis füreinander eintritt.
  • ich verstehe mich, ich liebte schon als Jugendlicher Koans, d.h. ich grübelte gern über Problemstellungen ohne einfache Lösung. Beispiel für ein Koan, das den Geist durch Betrachtung beruhigen soll, ist: „welchen Ton ergibt das Klatschen mit nur einer Hand?“ (heute würde ich intuitiv antworten: ein Schnipsen?)
    und ich tue in meinen Augen auch Gutes, indem ich bezüglich des „weichen Blicks“ auf komplexe (unlösbar bzgl. Ursache und Wirkung) Situationen und Herausforderungen forsche…

Heute, am 11.8.24 (Sternschnuppentag:-) fange ich an, meinen Blog umzubauen. Ich möchte meine Reise weiterhin so „rein&echt“ wie möglich dokumentiert lassen. Ich werde das Zweisprachige herausnehmen und nur das Deutsche lassen. Alle Links und Kategorien, alle Beiträge und Seiten (blog und website) werden werden  geprüft und überarbeitet.
Ein bisschen komme ich mir vor wie ein Chirurg. Mein Blog ist ein lebendiges Experiment … und diesen tiefstmöglichen Eingriff habe ich lange vor mir hergeschoben.
Noch immer ahne ich mehr als ich weiß, wer ich bin und deshalb ist dieser chirurgische Eingriff in ein lebendiges System für mich ein echtes Abenteuer, meine Reise (näher hin zu mir selbst?) in diesem Sommer 2024.

Kreis des SEINs

2018 verstarb mein Vater in meinen Armen. Sein letztes großes Geschenk an mich brachte meine Welt komplett ins Wanken: „fang an zu leben, nicht nur zu träumen!“, schien er mir mit seinem letzten Atemzug zuzuhauchen.

Tief nagender Zweifel fraß sich vier lange tolle beschwerliche unvergessliche Wanderjahre durch meine Eingeweide: „was bedeutet es, ein Mensch zu sein?“ Ich traute mir selbst nicht mehr, weder meinem eigenen Denken, noch meinen Gefühlen.

Es gab Erinnerungen, was ich alles geglaubt und gewollt hatte …
– erzogen von Elternhaus, Schule und Universität
– beeinflusst von Freunden, Umwelt, Kunst und Kultur
– geprägt von meinen eigenen Vorlieben und Erfahrungen.
– immer in einem Kontext der Idee von Ländern und Nationen und der demokratisch-kapitalistischen Leistungsgesellschaft.

Nach meiner spirituellen Ausbildung in den Jahren 1994 bis 1996 (siehe mein Buch „Tödliche Freiheit“ aus dem Jahr 2001) war ich schon einmal ähnlich verzweifelt gewesen.
Damals hatte ich schmerzvoll erkennen müssen, dass ich als junger Mensch nur immer das Gegenteil gemacht hatte von dem, was meine Eltern von mir erwartet hatten.
Ich hatte das für Freiheit gehalten – dabei war es nur der Käfig meiner Eltern „mal minus eins“ gewesen.

1996 war die Lösung für mich gewesen, dass ich der demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft eine echte Chance gab. Ich wollte eine „gute“ Karriere machen und durch mein Wirken die Welt „besser“ machen.
Und wieder hielt ich mich für frei…
Aber nach 22 Jahren stetem Ringen und Bemühen brach mit dem Tod meines Vaters unerwartet alles einfach auseinander, nichts hielt mehr, nichts stimmte noch.
Da erinnerte ich mich an den „Starken Wanja“, ein Kinderbuch von Otfried Preußler: Wanja war mit leichtem Rucksack durch Russland gewandert, hatte den Menschen am Wegesrand geholfen und viele Abenteuer erlebt, bis er am Schluss seine Frau, seinen Platz und inneren Frieden gefunden hatte.
Ich hatte nichts mehr zu verlieren und wanderte also los.

Doch anders als Wanja fiel ich immer tiefer, bis ich mich vier Jahre später in meiner eigenen „alten“ Wohnung wiederfand und vollkommen entkräftet dem Hell- und Dunkelwerden zusah.
All die Erfahrungen in Litauen, Lettland, Russland und Sibirien, Thüringen und das Harz, unterschiedlichste Lebens-Gemeinschaften und letztendlich das eigene Scheitern in einer oberbayerischen Land-WG – was war denn nun eigentlich „wirklich“ richtig und was falsch?
In mir selbst Chaos und um mich herum in der Welt – gefühlt – nicht weniger Chaos … woran sollte ich mich orientieren, mich ausrichten – wo war Licht?

Einzig der Sonne vertraute ich noch: seit Milliarden von Jahren geht sie auf und unter. Die Sonne beruhigte mich.
Und da erinnerte ich mich plötzlich an meinen guten alten „Kreis des Seins“.
18 lange Jahre hatte ich an diesem Kreis des Seins herum gebastelt. Ich hatte mich schon mehr als einmal von ihm zu trennen versucht, hatte aber meine Aufzeichnungen nicht entsorgen können.

Und oh Wunder – wie wenn es all diese widersprüchlichen Erfahrungen gebraucht hätte – plötzlich passte alles zusammen!
Vom „dir wird es einmal besser gehen“ meines Elternhauses – über das stetige Wachstum als kapitalistische (sozialistische) Kultur  – inklusive des Gefühls „das einzig Stete ist der Wandel“ – bis hin zur (nicht bewertenden) Betrachtung der Natur … kurz alles floss und fügte sich – ohne sich ständig zu widersprechen und auszuschließen – in ein großes geordnetes „sowohl als auch“.
Davon würde ich gern erzählen – und weiß noch nicht wie?

P.S: Außer meinem jährlichen Lebenszeichen ist es ruhig geworden hier. Die Reise von der ich hier berichtete, hat ihr Ende gefunden. Ich bin wieder daheim angekommen.
In der nächsten Zeit möchte ich den Blog behutsam umbauen: ich werde nicht mehr zweisprachig schreiben. Ich behalte Russland tief in meinem Herzen. Ich bin dankbar für alles Erlebte, für all die wunderbaren Begegnungen mit wunderbare Menschen unterwegs. Ich werde mich immer verbunden fühlen.

Seit ich zurück in Augsburg bin, beziehe ich die Bücher, die ich lese, aus öffentlichen Bücherschränken (im Hofgarten, bei der Flosslände am Lech, im Cafè Himmelgrün und im Durchgang zum Kräutergarten beim Rabenbad). Ich habe das Gefühl, dass „meine“ Bücher so zu mir finden …
Dadurch kam „Der Ring der Kraft“ von Carlos Castaneda (wieder) zu mir. In meiner oben erwähnten spirituellen Ausbildung waren die Lehren des „Don Juan allgegenwärtig – aber nun las ich das Buch nach fast 30 Jahren zum zweiten Mal mit ganz anderen Augen. Etwas in mir drin ging in Resonanz mit dem Lesestoff – am kognitiven Verstehen vorbei…
Ich habe dort vielleicht den „Grund“ gefunden, warum es mir so schwer fällt, das „Unbeschreibliche“ mit Worten auszudrücken! Könnte ich doch malen oder musizieren oder dichten oder mit Holz gestalten oder mich anderweitig künstlerisch ausdrücken?!
Gespräch von C. Castaneda und seinem Lehrer Don Juan – zitiert aus:
C. Castaneda, Ring der Kraft, Fischer Verlag, 1974, S. 141ff, Taschenbuch

„Wenn das Tonal all das ist, was wir über uns und unsere Welt wissen, was ist dann das Nagual?“
„Das
Nagual ist der Teil von uns, der uns ganz unzugänglich ist.“
„Wie bitte?“
„Das
Nagual ist der Teil von uns, für den es keine Beschreibung gibt – keine Wörter, keine Namen, keine Gefühle, kein Wissen.“
Das ist ein Widerspruch, Don Juan. Wenn es nicht gefühlt oder beschrieben oder benannt werden kann, dann kann es meiner Meinung nach nicht existieren.“
„Nur deiner Meinung nach ist es ein Widerspruch. Ich habe dich schon gewarnt, bring dich nicht um im Bemühen, das zu verstehen.“
„Würdest du sagen, dass das
Nagual der Geist ist?“
„Nein. Der Geist ist nur ein Gegenstand auf dem Tisch. Der Geist ist Teil des
Tonal. Sagen wir einmal, der Geist ist diese Chiliflasche.“
Er nahm eine Gewürzflasche und stellte sie vor mir auf den Tisch.
„Ist das
Nagual die Seele?“
„Nein. Auch die Seele gibt es auf dem Tisch. Nehmen wir einmal an, die Seele sei der Aschenbacher.“
„Sind es die Gedanken der Menschen?“
„Nein. Auch die Gedanken sind auf dem Tisch. Die Gedanken sind das Besteck hier.“
Er nahm eine Gabel und legte sie neben die Chiliflasche und den Aschenbecher.
„Ist es der Zustand der Gnade? Der Himmel?“
„Nein, das auch nicht. Das, was es auch sein mag, ist ebenfalls Teil des
Tonal. Sagen wir, es sei die Serviette.“
Ich fuhr fort und zählte alle Möglichkeiten der Beschreibung auf für das, was er meinen mochte: Intellekt, Psyche, Energie, Lebenskraft, Unsterblichkeit, Lebensprinzip. Für jeden Begriff, den ich nannte, fand er auf dem Tisch einen Gegenstand, den er als Gegenstück benutzte und vor mir aufbaute, bis er alle auf dem Tisch befindlichen Objekte auf einem Haufen versammelt hatte.

Don Juan schien die ganze Sache ungeheuren Spaß zu machen. Er kicherte und rieb sich die Hände, sooft ich eine weitere Möglichkeit erwähnte.
„Ist das
Nagual das höchste Wesen? Der Allmächtige, Gott?“
„Nein. Auch Gott gibt es auf dem Tisch. Nehmen wir an, Gott sei das Tischtuch.“
Er machte eine spaßige Gebärde, als wolle er das Tischtuch an den Zipfeln hochheben, um es über den anderen Gegenstände zu breiten, die er vor mir aufgestellt hatte.
„Aber sagtest Du nicht, dass Gott nicht existiert?“
„Nein. Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte nur, dass das
Nagual nicht Gott ist, denn Gott ist ein Gegenstand unseres persönlichen Tonal und des Tonal der Zeiten. Wie schon gesagt, das Tonal ist alles, woraus die Welt sich, wie wir glauben, zusammensetzt – einschließlich Gott, natürlich. Gott hat nicht mehr Bedeutung, als dass der ein Teil des Tonal unserer Zeit ist.“
In meinem Verständnis, Don Juan, ist Gott alles. Sprechen wir überhaupt über dasselbe?“
„Nein. Gott ist nur all das, was du zu denken vermagst, daher ist er, genaugenommen, nur einer unter den Gegenständen auf der Insel. Man kann Gott nicht willentlich erleben, man kann nur über ihn sprechen. Das
Nagual hingegen steht dem Krieger zu Gebot. Man kann es erleben, aber man kann nicht darüber sprechen.“
„Wenn das Nagual keines der Dinge ist, die ich genannt habe, kannst du mir dann vielleicht etwas über seinen Aufenthaltsort sagen? Wo ist es?
Don Juan fegte mit der Hand durch die Luft und wies auf den Raum außerhalb der Tischkanten. Er bewegte die Hand, als wollte er eine imaginäre Oberfläche säubern, die über die Kanten des Tisches hinausreichte.
„Das
Nagual ist dort“, sagte er. „Dort, es umgibt die Insel. Das Nagual ist dort, wo die Kraft schwebt.

Vom Augenblick unserer Geburt an fühlen wir, dass wir aus zwei Teilen bestehen. Zum Zeitpunkt der Geburt und noch kurz danach sind wir nur Nagual. Dann fühlen wir, dass wir, um zu funktionieren, ein Gegenstück zu dem brauchen, was wir haben. Was fehlt, ist das Tonal, und dies gibt uns von Anfang an das Gefühl der Unvollkommenheit. Dann fängt das Tonal an zu wachsen, und es wird ungemein wichtig, so wichtig, dass es den Glanz des Nagual verdunkelt, es zurückdrängt. Von dem Augenblick an, da wir ganz Tonal sind, tun wir nichts anderes, als jenes alte Gefühl der Unvollkommenheit zu verstärken, das uns seit dem Augenblick unserer Geburt begleitet und das uns beständig sagt, dass es noch einen anderen Teil braucht, um uns zu vervollständigen.
Von dem Augenblick an, an dem wir ganz Tonal werden, fangen wir an Paare zu bilden. Wir fühlen unsere zwei Seiten, aber wir stellen sie uns immer nur anhand von Gegenständen des Tonal vor. So sagen wir, dass unsere zwei Teile Körper und Seele sind. Oder Geist und Materie. Oder Gut und Böse. Gott und Satan. Aber nie erkennen wir, dass wir nur Gegenstände unserer Insel zu Paaren zusammenfassen, ganz ähnlich wir wenn wir Kaffee und Tee, Brot und Tortillas, Chili und Senf paarweise bezeichnen. Wir sind komische Wesen, sage ich dir. Wir tappen im Dunkel, und in unserer Torheit machen wir uns vor, alles zu verstehen.

культурные различия – kulturelle Unterschiede

Я был здесь в течение четырех недель – vier Wochen war ich hier!

Новости вкратце:
Я не нахожу семьи, изучающие языки так легко, как в России.
Многие люди, которые говорят по-русски, живут в Аугсбурге.
Для меня они были „русскими“ – поймали!
Однако это немцы – россияне – немцы.
И они теперь интегрированы культурно!

Aktuelles in Kürze:
Ich finde nicht so einfach wie in Russland Familien zum Sprache lernen.
In Augsburg leben viele Menschen, die russisch sprechen.
Für mich waren das bislang „Russen“ – erwischt!
Es sind jedoch Deutsche – Russland-Deutsche.
Und die haben sich inzwischen kulturell integriert!

рай в Аугсбурге закрыт – in Augsburg ist manches Paradies verschlossen

План Б (моя третья поездка в Россию) сдерживается распространением вируса короны.
Я все еще в порядке.
Я встречаюсь каждый день для обмена русско-немецким языком с великими людьми. И я в лесу много.
Я могу жить здесь, в Аугсбурге (почти), как в России: изо дня в день, полный доверия, что меня будут вести или что я – мой путь …!

Plan B (meine dritte Reise nach Russland) wird durch die Ausbreitung des Corona-Virus erschwert.
Mir geht es trotzdem gut.
Ich treffe mich täglich zum Sprachaustausch Russisch-Deutsch mit tollen Menschen. Und ich bin viel im Wald.
Ich kann auch hier in Augsburg (fast) wie in Russland leben: von Tag zu Tag voller Vertrauen, dass ich geführt werde, bzw. dass ich mein Weg bin …!

8 марта 2020 г. – am 8. März 2020

Теперь это официально: я не могу поехать в Россию до дальнейшего уведомления.
Это очень огорчило меня и … я пошел в лес!
Там я получил сообщение: «Всё, что тебе нужно, здесь и вокруг Аугсбурга».

Nun ist klar: ich kann bis auf weiteres nicht mehr nach Russland.
Das machte mich sehr traurig und … ich ging in den Wald!
Dort empfing ich die Botschaft: „alles, was Du brauchst, ist hier in und um Augsburg“.

замечательная поездка в Альпы – herrlicher Ausflug in die Alpen

Конечно, это сообщение должно быть тщательно соблюдено и проверено.
Но этот лес (нижний рисунок) может быть таким же в Сибири …?!

Diese Botschaft will natürlich erst mal gut beobachtet und geprüft werden.
Aber dieser Wald (unteres Bild) könnte genau so auch in Sibirien sein…?!

в Аугсбурге – in Augsburg!

И я посетил мою пещеру.
Это несколько утонуло, но все еще неповреждено.
Прошло два года с тех пор, как я вырыл его в лесу.
Много ли знаки?

Und ich habe meine Höhle besucht.
Sie ist etwas eingesunken, aber noch intakt.
Zwei Jahre ist das nun her, dass ich sie im Wald gegraben habe.
Es gibt viele Zeichen?

                

P.S: Когда я рассказывал о моей встрече с Богом в Сибири в России, люди говорили: ага, а что он тебе сказал? Расскажи нам!
Вот на западе у меня возникло полное недоразумение: иди к врачу!

P.S: Als ich in Russland von meiner Gottesbegegnung in Sibirien erzählte, meinten die Menschen: aha, und was hat er Dir gesagt? Erzähl uns!
Hier im Westen erntete ich komplettes Unverständnis: geh zum Arzt!


Вывод как возможность – Rückzug als Chance
(Совет против запустения Кирилла Серебренникова после полутора лет под домашним арестом в Москве – Tipp gegen die Einöde von Kirill Serebrennikov nach anderthalb Jahren im Hausarrest in Moskau)

В настоящее время мы переживаем момент истины (26.3.2020), говорит художник. Что это на самом деле означает – жить вместе … сожительствовать?
Сейчас настало время задуматься об основах жизни и о людях, которые наиболее важны.

Wir erleben aktuell (26.3.2020) einen Moment der Wahrheit, meint der Künstler.
Was bedeutet das eigentlich – zusammen leben … zusammenleben?
Nun ist die Zeit, sich auf das Wesentliche im Leben zu besinnen und auf die Menschen, die einem am Wichtigsten sind.

Это возможность выйти из изоляции как совершенно новый человек.
Он рекомендует спорт, читать, изучение языка, кулинария и чтение больших книг –
и навести порядок в „повседневном хаосе“ своей жизни!

Das ist einen Chance, aus der Isolation als völlig neuer Mensch herauszukommen.
Er empfiehlt u.a. Sport, Schreiben, Sprachenlernen, Kochen und das Lesen dicker Bücher – und Ordnung in das „tägliche Chaos“ des eigenen Lebens zu bringen!

      

kurz in Deutschland – Reflexion bzgl. Sprache

Freut Deutschland sich, dass ich wieder da bin?
Es ist feines Frühlingswetter, ich kann zusehen, wie die Blumen sprießen!
Ich bin von München nach Weilheim gelaufen – der Wald hier spricht dieselbe herrliche Sprache wie in Lettland und Russland, das ist wunderbar …

Ein besonderes Erlebnis hatte ich in „La Villa“ am Starnberger See, ein Tagungshotel deutlich edler als ich … äußerlich …
Ich fragte nach WLAN, Seeblick und einer Suppe – und sie schauten nicht auf meine Klamotten und Stiefel, sondern mir in die Augen.
Dann bekam ich einen Empfang, wie sich ein Wanderer nur wünschen kann!
Eigener Raum mit Steckdose und dazu alles, was ich mir gewünscht hatte, dazu viel Brot und Zeit zum Arbeiten!

Jetzt habe ich wieder eine deutsche Tastatur, alles ist wieder da, wo ich es gewohnt bin, aber wo sind die russischen Buchstaben?
Sprache, dieses Wunder – nun verstehe ich wieder alles …
Es ist nun kein Geschenk mehr, so wie in Daugavpils – wo es noch etwas Besonderes war, wenn ich die Menschen verstand und sie mich!

Auf der Rückfahrt im Zug nach Vilnius (ich konnte einigen Plätzen, wo ich im November 2018 gewandert bin, zuwinken) begegnete ich einer jungen netten Frau – auch mit Gepäck für eine weite Reise.
Es war wie ein Sprachtest … und ein großes Geschenk … wir beide konnten uns auf Russisch ganz ordentlich unterhalten!

Hier ist das nun nichts mehr Besonderes … und die andere Dimension der Verständigung, die Sprache der Augen und des Herzens … die kommt mir hier schwieriger vor.
Worte sagen nie alles … auf Russisch brauche ich die anderen Ebenen der Kommunikation ganz dringend – hier in Deutschland fällt mir der Zugang von Herz zu Herz seltsamerweise schwerer …
Dafür kann ich hier aber Dinge aussprechen, die ich in den letzten Monaten in der Fremde nicht mal gedacht habe!

Heute muss ich meinen Rucksack packen!
Eine letzte Beobachtung:
In Augsburg, egal wo ich war, ich sah oder hörte eine Baustelle ...
Lärm.
Ich bin kein Gegner der Zivilisation.
Nach einer Woche im Wald liebe ich ein Hotel!
Ich suche ein Gleichgewicht mit der Natur.
Mein Gleichgewicht...
   
   
... снова в Латвии                 ... wieder in Lettland

noch ein Gedanke bzgl. Natur (Wald) und Kultur (Zivilisation) zum Schluss:

ich hatte schon als Kind das Gefühl, dass mit mir was nicht stimmt, dass ich nicht so wie „alle“ bin und ich hatte gleichzeitig das Gefühl, dass aber auch irgendwas mit dem „System“ (so nannte ich das damals noch nicht) nicht stimmt…
und ich hatte den dringenden Verdacht, dass beides miteinander zusammenhängt!

Dazu ein Text, den ca. 1992 geschrieben habe:
polle_nathanael_seite1
polle_nathanael_seite2

Lettland (Zweifel)

Ein besonderes Erlebnis: ich baute in Daugavpils meine erste kleine Brücke über einen schon leicht zugefrorenen Sumpf. Ich habe sie tatsächlich auch benutzt…
Eine – objektiv betrachtet – sinnlose Tat, die der ortsansässige Biber sicherlich in den nächsten Tagen wieder “in Ordnung” bringen wird …

Für mich etwas, das mich wärmt und mir wieder ein Stückchen Angst vor meinem großen Traum, meiner großen Liebe Russland genommen hat:
Im Winter gibt nicht nur Kälte, sondern auch ganz neue Wege über gefrorene Sümpfe und Seen!

Unterwegs fühle ich mich einem ständigen Zustand des „nicht-Wissens“ ausgesetzt … ich kann nie genau planen. Ich bin für alle Überraschung und Herausforderung offen, weil ich ja meinen Unterschlupf und bisschen was zu essen immer bei mir trage.
In diesem „nicht-Wissen“ fühle ich, wie sich mein Geist der Unendlichkeit öffnet und ich mit meinem.r Schöpfer.in  immer wieder mal ins Gespräch komme.

Wir schaffen gerade den „guten“ Menschen – das ist nicht authentisch, sondern „unverbunden“. Das kollektive Diktat des Glücks nervt mich zunehmend, hier fühle ich mich „verbunden und frei“… statt die Doppelnatur des Menschen (wie beim Licht mit Teilchen und Welle) zu akzeptieren und aufhören, den eigenen Schatten auf andere zu projizieren… die Freiheit der Andersdenken auszuhalten ist immer unbequem! (Arendt)

Gleichzeitigkeit als Lebensprinzip (vgl. Yin&Yang): wir haben beide – vielleicht zu unterschiedlichen Anteilen – ein bisschen „Recht“

Hier ist alles anders, neu, ungewohnt, ungewöhnlich.
Jede meiner Wahrnehmungen muss genau geprüft werden.
Weniger zu wissen, heißt mehr zu fragen.
So komme ich ins Gespräch mit mir selbst.
Ich funktioniere nicht mehr wie ein Rädchen im System, sondern fühle mich als Mensch.

Was ist das mit Russland eigentlich?
Ist das ein bisschen Verliebtsein, das mich wachgerüttelt und mich mir selbst vielleicht ein kleines Stückchen naeher gebracht hat oder ist das ein reales Vorhaben?
Manchmal erscheint es mir aussichtslos, mich durch das Dickicht der russischen Einreisebestimmungen zu kämpfen … und dann ist es wieder da … mein unbeschreibliches Sehnen, ich habe mich – ohne exakt zu wissen warum – in dieses geheimnisvolle Russland verliebt.

Ein weiteres, aktuelles Spüren aus diesem Raum des „nicht-Wissens“:
In Russland lebt es sich von den äußeren Lebensbedingungen her sicherlich nicht so komfortabel wie in Europa, aber vielleicht geht es (vor allem natürlich: mir) aktuell gar nicht um Komfort und äußere Umstände?
Vielleicht beschäftigten sich aktuell die meisten Menschen auf der Welt mit Dingen auf der „falschen“ Seite, zu sehr im Außen?

Damit will ich sagen, vielleicht beschäftige ich mich zu sehr mit der Außenwelt?
Unsere Menschheitsgemeinschaft steht vor globalen Herausforderungen, die mir im Außen unlösbar erscheinen.
Vielleicht kann es gar kein fair und gerecht regiertes Land geben, solange die Menschen sich nur im Außen verbessern wollen, mehr Komfort, bessere Lebensbedingen?


Vielleicht schlummern die wahren Herausforderungen im Innen?
Vielleicht kann es im Außen keinen Frieden geben, solange die Menschen auf der Erde nicht tiefen inneren Frieden mit sich selbst gefunden haben, sich akzeptieren, wie sie sind und sich nicht ständig mit den Nachbarn vergleichen und so sein wollen wie alle anderen auch?
Auch hier möchte ich natuerlich ausdrücken, dass ich das mir am meisten für mich selbst wünsche.

Vielleicht können ständige Herausforderungen jenseits der im Westen üblichen Komfortzone sogar ein Geschenk sein oder anders ausgedrückt:
ich fühle mich so wohl als Pilgerer, als Abenteuer, als Wanderer zwischen den Welten, ich kann so mir selbst begegnen und mich so annehmen wie ich bin und ich bin wirklich nicht durchschnittlich …
ich sei „sehr groß und sehr klein“, meinte eine Freundin vor der Abreise …
da bin ich vielleicht ein klein bisschen ähnlich wie Russland und wenn ich das akzeptiere, dann schwindet meine Angst.

„Ich bin der Weg, niemand kommt zum Vater denn durch mich“?, steht in der Bibel, noch immer das meistverkaufte Buch.
Jesus ist plötzlich zwischengeschoben zwischen Geist und Mensch und auf einmal ist der Mensch sündhaft und erlösungsbedürftig?
Eine unglaubliche Geschichte, sie wird uns als Liebe verkauft und ist vielleicht der Beginn des Turbo-Kapitalismus? Sünde ist ein riesiges Geschäftsfeld geworden?
„Ich bin der Weg“, könnte vielleicht auch heißen: Ich bin mein Weg oder ich gehe meinen Weg? Jeder Mensch ist vielleicht aufgefordert genau SEINEN EIGENEN Weg zu finden und zu gehen? Seine eigene Aufgabe zu spüren und diese zu erfüllen, jenseits von Macht, Ruhm, Anerkennung und Geld?

Vielleicht ist alles in Ordnung, d.h. im Wandel? Vielleicht gibt es nichts, vor dem wir als kreative mutige Menschen Angst haben müssten? Wann bin ich mutig und kreativ? Nur dann, wenn ich mich von meiner Sehnsucht nach Anerkennung löse? Vielleicht auch dann, wenn ich es wage, so zu sein, wie ich wirklich bin – und gleichzeitig wahrnehme, wie andere sind und auch, was sie sich von mir wünschen?
Vielleicht ist diese „Gleichzeitigkeit“ ein mutiger Schlüssel in Richtung Geist, ich tue das, wofür ich geboren wurde und ich bin offen für die Bedürfnisse meiner Mitmenschen. Vielleicht sind wir im doppelten Sinne verantwortlich? Für uns selbst UND für die Mitmenschen? Den eigenen Weg gehen und die Belange meiner Mitmenschen spüren?

Zuversicht

Das hätten wir ja aktuell vielleicht nötig.
Die Menschheit ist durch das „Virus der Wirtschaftlichkeit“ momentan dabei, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören.
Sicher ist: der Mensch wirkt mächtig auf seine Umgebung (Klima) ein – aber gleichzeitig wirkt vielleicht auch die Umgebung (Klima) auf den Menschen ein?
Kann die zusätzliche Energie einer Warmzeit (Klima im Wandel) helfen, dass in komfortablen Überzeugungen festgekettete Menschen zu sich selbst zu finden?
Gibt es ein Anrecht auf Lebensglück?
Oder ist die einzige Freiheit, die die Menschheit hat, ihre eigene Entwicklung zu verzögern?

Ich hab im Jahr 2018 unzählige Videos, Reportagen und Dokumentationen über Russland angeschaut – und dabei ist mir ein Moment am stärksten in Erinnerung geblieben:
Der Film handelte von zwei LKW-Fahrer in Nordsibirien, die auf einem “Simnik” unterwegs waren.
Ein Simnik ist eine Strasse aus Eis, die nur im Winter – hauptsächlich auf zugefrorenen Flüssen – befahrbar ist.

Und auf dieser eisigen Piste begegneten die LKW-Fahrer einem Radler, Richard Loewenherz aus Berlin, der da unterwegs war.
Als ich das sah, dass da ein Mensch mit 80kg Gepaeck auf dem Rad allein vier Wochen im Norden Sibiriens unterwegs war, nun, das machte mir einfach Mut.

Ich schreibe hier, um Mut zu machen. Denen, die meinen Blog lesen und natürlich auch mir selbst.
Vielleicht auch das, was einen Menschen wirklich ausmacht … mein Mut ist grad gefragt, denn es scheint zu klappen mit meinem Visum fuer Russland und vielleicht bin ich ab dem 17.12. für 4 Wochen in Russland – das wäre mein Weihnachtsgeschenk und Herausforderung zugleich.

Ich hab die letzten drei Naechte probehalber draußen geschlafen bei bis zu minus 15 Grad Celcius … und hab nicht gefroren. Schlafsack, Zelt, Isomatte – meine Freunde.
So hatte ich abwechslungsreiche Tage: morgens zwei Stunden Wanderung in die Innenstadt, Unterricht, Arbeit am Computer in der Bibliothek und abends dann wieder zurück in den Wald.

Das ist Galina, meine Sprach – Partnerin.
Nach nun drei intensiven Wochen in Daugavpils hatte ich heute (6.12.) meine letzten beiden Stunden bei ihr.
Eine tolle Lehrerin, Danke!

Winterwandern in der Stille:
Ich bin aktuell ca. 15 km von der weißrussischen, ca. 45 von der russischen Grenze entfernt … hier im Dorf gibt es für mich unerwartet eine Bibliothek mit öffentlichem Computer und Internet.

Ich fand den Laden nicht direkt und fragte einen Autofahrer.
Er hielt an und meinte, „Laden, dort“.
Ich weiß nicht, was mich glücklicher gemacht hat,
dass er angehalten und meine Frage verstanden hatte (und ich seine Antwort!)
oder dass es tatsächlich einen Laden gab.

Vielleicht will die nette Verkäuferin, die ich nach einer Unterkunft in der Nähe fragte, etwas organisieren und ich soll warten?
Es ist warm hier, mein Schlafsack trocknet, ich habe (wieder) zu essen,  mein Handy lädt und ich bekam sogar eine Tasse heißen Tee!
Vier Schulkinder starrten mich an und ich „erklärte“ ihnen mein Wanderleben. Beim raus gehen schenkte mir der neugierigste der vier zwei kleine Bonbons zum Trost …

Gelandet bin ich in einer leerstehenden Wohnung im Mehrfamilienhaus.
Nicht kalt, mit Wasser, Strom und Toilette – was will man mehr?
Heute war ich mit weissrussischem Radio, leckerem Essen und diesem trockenen Plätzchen rundum glücklich und sehr dankbar.

Am Abend zuvor hatte ich die Bahngleise, die ich seit Vilnius (!) als Begleitung hatte, endgültig verlassen.
Am schönsten ist es, wenn ich im Schlafsack bin oder wieder alles eingepackt auf dem Ruecken habe. Die Übergaenge dazwischen sind … nass und kalt …

Ich wanderte oft nachts auf einer kleinen Landstraße ohne Verkehr.
Einmal hörte ich eine ganze Stunde lang überhaupt nichts,
sah kein einziges Licht, begegnete keiner Strom- oder Telefonleitung,
kein Hund bellte, einfach nichts um mich herum.
Ich  fühlte, das habe ich gesucht, ohne zu wissen, dass ich es vermisst habe.

In Deutschland ist mir oft alles zu eng, zu laut, zu schnell –
deutlich mehr Menschen pro Quadratkilometer.
Hier ist Raum. Raum zu sein, wie ich bin.

So liebte ich jedes Licht, weil es so selten und damit auf einmal kostbar ist.
So erzählt plötzlich jedes Licht seine Geschichte und ich kann in Ruhe zuhören, weil nicht gleich das nächste Licht gesehen und gehört werden will.

An diesem Abend begann ich bellende Hunde als etwas Freudiges wahrzunehmen, wo ein Hund bellt, ist Leben, so wurde für mich jeder Mensch wieder ein Licht, wertvoll, ein seltenes Geschenk … ohne die vielen (gewohnten) Lichter kann ich nachts die Sterne ganz anders sehen und in der Milchstrasse baden… die Unendlichkeit spüren, das große Geheimnis, die große Mutter, magna mama, die uns alle, auch den Vater … und das Licht, umgibt.

Vielleicht ist wie in jeder Beziehung auch eine Frage von Nähe und Distanz?
Manchmal, wenn mir alles zu viel wird, beobachte ich mich, dass ich meine Umgebung zu hassen beginne.
Hier entdecke ich, warum. Ich brauche einfach genug Platz.

Und dann macht auf ein Mal alles Sinn, alles macht Sinn!
Bislang hatte ich diesen Traum von Russland und dem Wandern, alles Gefühle
ohne recht zu wissen, wohin mich das am Ende führen würde.
Ich folgte meinen Gefühlen, vielleicht weil ich nichts zu verlieren hatte.

Nun spricht der Kopf, mein Verstand:
ich bin also vielleicht kein Pilger, der neue Impulse für sein Leben sucht, sondern ich suche vielleicht einen neuen Platz für mein Leben?

Vielleicht wohnt hier, unweit der lettisch-weißrussischen Grenze, der Weihnachtsmann?

Nach diesem seltenen visuellen Highlight wollte ich mir gerade meinen Schlafplatz suchen, als die lettische Grenzpolizei mich „eingesammelt“ hat.

Sie meinten, es sei doch recht kalt zum Zelten und vor allem aber zu nah an der weißrussischen Grenze.
Die beiden freundlichen Polizisten (einer sprach fließend Englisch) legten mir nahe, die Nacht nicht hier im Wald zu verbringen.

Ich darf die Straße (auch zu Fuß und nachts) benutzen.
Doch in dem Moment, wo ich sie verlasse, um mein Zelt aufzustellen,
verstoße ich gegen EU-Außengrenz-Bestimmungen.

Sie boten mir deshalb eine freiwillige Fahrt zu ihrem Hauptquartier an
und organisierten mir einen Schlafplatz bei der Nachbarin eines Kollegen. Waoh, Danke, sehr elegant gelöst!

So landete ich weit nach Mitternacht in der Wohnung einer allein lebenden Frau mit zwei Kindern. Natürlich gab es als erstes etwas zu essen – alle drei waren wach und die Kinder bestaunten mich ausgiebig. Dann wollten sie mit mir spielen, wurden dann aber ins Bett geschickt, weil am nächsten Tag war ja Schule.

Was für ein Vertrauen – wie wäre dieselbe Situation (ein Russe mit ca. 100 Wörtern deutscher Wortschatz zu Fuß unterwegs) wohl in Deutschland gelaufen?

Durch den nächtliche Fahrt mit der Grenzpolizei war ich plötzlich nur noch zwei Tagesetappen von der Grenze entfernt.

Nun hatte ich noch 5 Tage Zeit bis zum Visum-Beginn.
Bislang war ich (meist nachts) auf nicht geteerten Landstrassen unterwegs.

Durch den unerwarteten Zeitgewinn war ich auch mal wieder querbeet im Wald unterwegs und testete meine Navigations-Fähigkeiten mit dem Kompass und die Tragfähigkeit des Eises über dem moorigen Boden.

Abends im Wald kam ich mit dem tiefgefrorenen Holz nicht über ein Feuerchen hinaus … das bisschen Glut reichte aber, um meinen Trockenfisch zu erwärmen.

Gestern morgen lief bei Tagesanbruch auf die nächste unerwartete zivilisatorische Überraschung zu: eine große Kulturhalle mit Bibliothek – und diesmal mit englischen Computern und riesigen Bildschirmen!

Die Leiterin der Bibliothek, Lena, war über mich als Gast so angetan, dass sie ihren Bekanntenkreis durchtelefonierte und mich für ein Wochenende in der leerstehenden Wohnung einer Bekannten unterbrachte.
Wieder waoh, danke!

Ich liebe die Natur und spüre das unfassbare Geheimnis, die „große Mutter“ (magnamama) am besten draußen.

Hier in Vecslobada habe eine Kirche ganz nach meinem Geschmack gefunden!

zweites Mal in Daugavpils

Mein Traum führt mich … aktuell wieder nach Daugavpils, eine Stadt in einer Region in Europa, in der fast ausschließlich Russisch gesprochen wird!

Sehr geholfen hat mir ein deutscher Kulturverein hier: ERFOLG.
Dort kann ich mich ein wenig nützlich machen.
So gibt es nun einen wöchentlichen Diskussionsabend auf Deutsch.
Es geht auch ohne mich weiter, immer Donnerstags um 18 Uhr

Wir sprechen über kulturelle Unterschiede von Lettland und Deutschland und über die Sowjetzeit hier.
Und ich fand tolle Sprachpartner, mit denen ich mich traf,
um eine Stunde Deutsch und dann eine Stunde Russisch zu sprechen.

 

In der Stadt zu leben, zu lernen, viele Menschen zu treffen war für mich eine interessante Herausforderung.
Wenn ich wandere und im Zelt übernachte, habe ich oft nur wenige Kontakte.
Hier gab es viele Lichter und ich selbst war auch eines …

Nun sendet mein Körper klare Signale, dass ich wieder mehr Distanz brauche.
Leider!
Die Umgebung ist wunderschön – seit dem letzten Wochenende (16.2.2019) wird es Frühling und es zieht mich wieder raus ins Zelt und in die Natur.

Nach meinen Winterlagern im russischen Dorf und hier in der Stadt wird es wohl Zeit, dass ich mich mal wieder bewege …
Auf Wiedersehen, Komfort …

Daugavpils verabschiedete sich von mir mit herrlichem Wetter.
Meine Sprachpartnerin Tatjana begleitete mich ein Stück … sehr nett.
Wenn ich wieder zurück komme, haben sie und ihr Mann mich zum gemeinsamen Lernen in ihre Wohnung eingeladen – schon wieder waoh, danke!

Doch es war nur am ersten Tag eine Wanderung im Frühling.
Dann wurde es ein Wind und Winter Test.

Wenn ich alles anziehe, was ich habe … ist mein Rucksack leichter!
Und in Sibirien ist es im April vielleicht ähnlich frühlingshaft …

Ich habe Ilze und Oskar auf ihrem Bauernhof kennengelernt!
Auf dem Foto unten begrüßt mich Oskar ganz lebendig …
… bitte zwei Mal gucken!

Die beiden habe ich auf www.helpX.net gefunden, eine Plattform für freiwillige Helfer gegen Kost und Logis.
Zwei besondere Menschen, Ilze macht Musik und Oskar kümmert sich um alte Dächer.

Er stellt Dachschindeln selbst her und gibt Workshops für Menschen,
die sich nachhaltig, günstig und selbst ein Dach bauen wollen.
Auf dem Hof von Ilze und Oskar ist in der Höhe einiges los!

Leider sprachen wir nur Englisch, die Familie spricht lettisch miteinander.
Aktuell fühle ich mich ja da zuhause, wo mein Rucksack ist … und russisch gesprochen wird!

Als ich das erzählte, riefen die beiden ihre Freunde an … und so lerne ich heute Abend Alexei kennen, der spricht Russisch und Deutsch!
Er macht gerade Holz und kann mich als Helfer gut gebrauchen …

An die ganze Gegend: waoh, Dankeschön!

Ab und an habe ich auch im Winter Ausflüge aufs Land gemacht …
wie zu Sebastian.
Auch ein Deutscher … er hat sich hier seinen Traum verwirklicht.

Ende März besuche ich Familie und Freunde in Deutschland.
Anschliessend werde ich von Mitte April bis Mitte Juli in Sibirien (90 Tage mit Ausgangspunkt in Krasnojarsk) sein und dort eine Probewanderungen am Fluss Angara Richtung Osten machen.

 

 

warum magnamama?

Ich denke über das Leben selbst jenseits von richtig und falsch nach und möchte Impulse zum Nachdenken „in die Mitte schubsen“: Raum zum Sein.
Da fühle ich mich unterm Schirm der Großen Mutter (magnamama von „magna“ = lateinisch für groß) gut behütet!

Muttergöttin oder Große Mutter sind übliche Bezeichnungen aus Archäologie und Religionsgeschichte … von ur- und frühgeschichtlichen Kulturen.
Muttergöttin oder Große Mutter wurden als Lebensspenderin (Fruchtbarkeitsgöttin) oder auch als Mutter von Göttern oder als beides verehrt.  

Quelle Bild & Text: Wikipedia (deutsch)

Die Große Mutter gilt als Archetyp nach C. G. Jung. Archetypen können als Teil einer sozio-kulturellen emotionalen „Gewohnheit“ verstanden werden. Sie können Identitäts-bildend wirken – oder ablenken… Dieser Archetyp der Großen Mutter ging über die Jahrtausende patriarchalischer Entwicklung fast vollkommen verloren. Das rationale, selbst-bewusste, souveräne ICH hat sich radikal aus der Einbindung in die umgebende Natur gelöst und hierarchische Kultur entwickelt.
Die gleichrangige organische Gemeinschaft aller Lebewesen, das Allumfassende, das Lebensspendende, das Geheimnisvolle, Unverständliche, Widersprüchliche des Lebens selbst (werden UND vergehen) hatte immer weniger Platz in der Kultur der Aufklärung und dem Konzept des freien Willens.

Die große Mutter wertet nicht, sie unterscheidet nicht zwischen gut und böse, richtig und falsch.
Sie liebt alle Facetten des Lebens gleich – egal, ob nützlich oder nicht – egal, ob reich oder arm – egal, ob klug oder dumm – egal, ob das Wirtschaftswachstum dadurch gefördert wird oder nicht.
Die große Mutter fehlt heute beinahe komplett in unserer westlichen leistungsorientierten Gesellschaft.

aus IHR zu leben, heißt den nächsten Schritt nicht zu kennen und doch zu spüren, ich bin auf meinem ureigenen Weg und kann vertrauen: Nachfühldenken … offenes kindliches spüren im herzhirnaugenkontakt führt vielleicht zur „Sprache der Welt“

Ein Beispiel hierfür ist die „Kindliche Kaiserin“ aus dem Buch „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende.
Vor ihr sind alle Geschöpfe gleich, die Dunkelwesen genauso wie die Boten des Lichts.
Die Kindliche Kaiserin weiß, dass jeder Schmerz nicht zwingend Leid bedeutet,
sondern auch ein Wachstumsimpuls sein kann.

Ich bin evangelischer Christ … liebe katholische Messen … spüre Gott am besten draußen in der Natur … und liebe die kleinen Kapellen am Wegesrand, wo ich glaube zu spüren, dass da viel und intensiv gebetet worden ist.
Inspiriert von diesem „alles-gleich-gelten-lassen“ der Großen Mutter – sehe ich alle Wege zu Gott als gleichrangig an. Jede Religion, jeder Glauben, jeder Mensch findet auf seinem ganz eigenen Weg zu dem selben all-einen Gott, zu einem uns Menschen unverständlichen großen Geheimnis.

Gott ist für mich wie eine kleine hell beleuchtete Kapelle auf einem unendlich hohen Berg, der von jeder Himmelsrichtung aus bestiegen werden kann.
Es ist also vollkommen nebensächlich, ob ein Mensch diesen geheimnisvollen Berg mit islamischem, hinduistischem, buddhistischem, christlichem, schamanischem oder atheistischem Glauben besteigt.
Oder mit einem ganz persönlichen „Glaubensmix“.
Alle Wege führen zur selben Kapelle auf dem Berggipfel.
Der eigene Weg ist das Ziel.
Gott ist das Leben.

Zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte gab es Bräuche und Rituale, die das Licht und Leben selbst feierten. Sie feierten Feste, um Gemeinschaft zu erleben. In alten Zeiten geschah das vielleicht, um Natur und Kultur miteinander zu versöhnen.
Und genau das möchte ich heute wieder zu den Jahreskreisfesten auf eine ganz neue Art versuchen – ein Feuer in den Menschen und in mir selbst immer wieder neu entfachen!

Von 2006 bis ca. 2014 feierten Menschen (mit Lagerfeuer an Wertach oder Lech) die Jahreskreisfeste.
Damals lud ich eher spartanisch zum Feuer ein: per E-Mail-Rundbrief gab ich Zeit und Ort bekannt und brachte Holz mit. Was am Abend ums Feuer herum geschah, war vollkommen offen.
Mal waren wir viele, mal wenig, es kam vor, dass ich allein blieb. Mal gab es ein gemeinschaftliches Buffet, manchmal wollte die Menschen nicht miteinander teilen und blieben in kleinen Gruppen getrennt. Mal wurde gesungen, erzählt und manchmal auch geschwiegen.
Dieses „alles-offen-lassen“ – „was-entstehen-will-entsteht“ – das möchte ich nun anders gestalten. Ich möchte nicht „nur“ einen Raum schaffen, sondern ich möchte auch einen Impuls aus meinen inneren Bildern zum „organischen miteinander“ geben: ich möchte einladen, das Leben selbst zu feiern!