wieder in Russland (zum zweiten Mal)!


Cash, I cannot find „aliveslongroadtrip“, please send me a „link“ to you!

kurz vor Mitternacht an der Grenze … ich fühlte, dass ich jemand treffen würde … und ich passierte die Grenze gemeinsam mit Cash, einer jungen Schottin, die seit vier Jahren per Autostopp auf der ganzen Welt unterwegs ist. Die Grenzbeamten hatten ihre Freude an uns beiden, ich glaube, sie hielten uns für eine ziemlich verrückte Familie…
Cash fand ganz schnell einen LKW-Fahrer, ich kam auch gut per Anhalter nach Moskau (einen halben Tag später:-). In Moskau fuhr ich allein mit der Metro zum Bahnhof und kaufte am Schalter eine Fahrkarte nach Jekaterinburg (bzw. kurz davor) – ich kann mich nun ein bisschen verständlich machen!

Im Zug traf ich ein junges Paar, frisch verheiratet, aus Sotschi.
Zugfahren in Russland ist toll … zusammen essen und erzählen … und dann wieder hoch auf die Liege und ein Nickerchen machen. Alle im Zug machen das in einem bunten Wechsel …
Kurz vor Jekaterinburg stieg ich aus und wurde sehr nett verabschiedet. Ich wollte ein bisschen am Rande des Urals wandern.

Nach drei Wochen in Deutschland, dem Trubel in Moskau und im Zug sehnte ich mich nach etwas Ruhe im Wald. Kontrastprogramm!
Doch dort war es noch richtig Winter und zum ersten Mal zweifelte ich komplett: „was machst Du hier eigentlich“, fragte der Kopf das Herz …
… was ein Unterschied zwischen Bayern und dem Ural.

 

Nun bin ich Jekatarinburg angekommen und treffe besondere Menschen.
Ob in der Universität oder in der Touristoffice, die Menschen haben Zeit und sind geduldig mit mir … das hilft mir sehr!

Hier in Jekatarinburg konnte ich alles erledigen…
Ich konnte meine Ausrüstung an Sibirien anpassen und meine Wege planen.

        

Es war eine tolle Zeit, hier noch einige Eindrücke.

Hier ganz oben habe ich den Kauf der Ausrüstung mit mir gefeiert.

   

Hier wurde die Familie des letzten russischen Zars verscharrt – nun ein heiliger Ort.
Ich habe eine Kerze für meinen Vater und meinen Weg angezündet.
Sicherheitshalber lade ich hier mal die Karte mit der geplanten Route hoch …


Heute morgen im Zug kurz vor Krasnojarsk <3!

kurz in Deutschland – Reflexion bzgl. Sprache

Freut Deutschland sich, dass ich wieder da bin?
Es ist feines Frühlingswetter, ich kann zusehen, wie die Blumen sprießen!
Ich bin von München nach Weilheim gelaufen – der Wald hier spricht dieselbe herrliche Sprache wie in Lettland und Russland, das ist wunderbar …

Ein besonderes Erlebnis hatte ich in „La Villa“ am Starnberger See, ein Tagungshotel deutlich edler als ich … äußerlich …
Ich fragte nach WLAN, Seeblick und einer Suppe – und sie schauten nicht auf meine Klamotten und Stiefel, sondern mir in die Augen.
Dann bekam ich einen Empfang, wie sich ein Wanderer nur wünschen kann!
Eigener Raum mit Steckdose und dazu alles, was ich mir gewünscht hatte, dazu viel Brot und Zeit zum Arbeiten!

Jetzt habe ich wieder eine deutsche Tastatur, alles ist wieder da, wo ich es gewohnt bin, aber wo sind die russischen Buchstaben?
Sprache, dieses Wunder – nun verstehe ich wieder alles …
Es ist nun kein Geschenk mehr, so wie in Daugavpils – wo es noch etwas Besonderes war, wenn ich die Menschen verstand und sie mich!

Auf der Rückfahrt im Zug nach Vilnius (ich konnte einigen Plätzen, wo ich im November 2018 gewandert bin, zuwinken) begegnete ich einer jungen netten Frau – auch mit Gepäck für eine weite Reise.
Es war wie ein Sprachtest … und ein großes Geschenk … wir beide konnten uns auf Russisch ganz ordentlich unterhalten!

Hier ist das nun nichts mehr Besonderes … und die andere Dimension der Verständigung, die Sprache der Augen und des Herzens … die kommt mir hier schwieriger vor.
Worte sagen nie alles … auf Russisch brauche ich die anderen Ebenen der Kommunikation ganz dringend – hier in Deutschland fällt mir der Zugang von Herz zu Herz seltsamerweise schwerer …
Dafür kann ich hier aber Dinge aussprechen, die ich in den letzten Monaten in der Fremde nicht mal gedacht habe!

Heute muss ich meinen Rucksack packen!
Eine letzte Beobachtung:
In Augsburg, egal wo ich war, ich sah oder hörte eine Baustelle ...
Lärm.
Ich bin kein Gegner der Zivilisation.
Nach einer Woche im Wald liebe ich ein Hotel!
Ich suche ein Gleichgewicht mit der Natur.
Mein Gleichgewicht...
   
   
... снова в Латвии                 ... wieder in Lettland

noch ein Gedanke bzgl. Natur (Wald) und Kultur (Zivilisation) zum Schluss:

ich hatte schon als Kind das Gefühl, dass mit mir was nicht stimmt, dass ich nicht so wie „alle“ bin und ich hatte gleichzeitig das Gefühl, dass aber auch irgendwas mit dem „System“ (so nannte ich das damals noch nicht) nicht stimmt…
und ich hatte den dringenden Verdacht, dass beides miteinander zusammenhängt!

Dazu ein Text, den ca. 1992 geschrieben habe:
polle_nathanael_seite1
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fast vier Wochen im reinen Himmel – 1. Visum in Russland

Ich hatte ein bisschen Angst, als ich an den wartenden LKWs zu Fuß entlang marschierte.
Die letzte schlecht asphaltierte Strasse auf der „guten“ Seite vor der Grenze zwischen Lettland und Russland.

Russland sei kalt und gefährlich – so wurde ich in Lettland gewarnt.
Das kommt daher, weil es den Menschen dort schlecht geht …

Ich hatte mit „Lettland minus x“ gerechnet, hatte mich von all den Warnungen verunsichern lassen und stand nun in einem Land, das mich komplett überraschte!

Es war aber alles sauber asphaltiert mit feinen Bordsteinen und einer Tankstelle,
die selbst in Deutschland in Sachen Service und Sauberkeit positiv aufgefallen wäre…

Nach einer ersten Nacht im Wald, ich bin quer mit dem Kompass durch den Wald, über Moore und Seen.
Ich finde spannende Spuren …

Kurz vor der ersten größeren Stadt hielt plötzlich ein Auto neben mir.
Der Fahrer nahm mich einfach mit!

Er machte eine Stadtrundfahrt mit mir und brachte mich in ein Restaurant mit Internet.
Er schrieb mir seine Nummer auf, falls ich noch Hilfe brauche …
… das ist mir das letzte Mal vor ungefähr 30 Jahren in Frankreich passiert.

Tags drauf im Zentrum des Naturschutzparks fragte ich nach einer Karte.
Daraufhin nahm der Direktor seine Jacke und begleitete mich in einen kleinen Schreibwarenladen, wo es die Wanderkarte auch tatsächlich gab…

Meine Bank-Karte funktioniert wie daheim, ich genieße die kyrillische Schrift überall …
wie wenig weiß der Westen über Russland … was hatte ich unnötig Angst …

Damit entsteht ein zweiter Grund für diesen Blog (neben dem Mutmachen):
ich will erzählen, wie ich dieses angeblich so dunkle und gefährliche Land erlebe – auf der untersten lebenspraktischen Ebene.

Ich bin im Anastasia-Dorf „Reiner Himmel“ in einer sympatischen Familie gelandet.
Dort wird NUR russisch gesprochen.
Eine tolle Sprach-Schule auf dem Land!

Ich kann hier bis zum 15.1.19 (Ende meines Visums) bleiben und
soll für eine Woche hier das Haus mit Hund und Katze hüten …

… und gehe jetzt Schlittschuhlaufen!

Meine subjektive Bestandsaufnahme nach einem Dutzend Tagen:
Russland hat „solide“ Infrastuktur und ein für mich ganz subjektiv mit Frankreich vergleichbares Lebensgefühl.

Als Deutscher fühle ich mich geschätzt und herzlich willkommen
bei fast unglaublich hilfsbereiten und selbstbewussten Menschen.

Grosse Schwierigkeiten macht mir die Sprache.
Die Russen können – ähnlich wie die Franzosen – überhaupt nicht langsam sprechen und verbinden die einzelnen Worte zu teilweise ganz neuen Worten.

Ich verstehe manche Menschen ein bisschen, die allermeisten noch gar nicht.

über den Alltag im Dorf:

Um den Jahreswechsel herum wurde es hier so richtig hell erst ab 10 Uhr.
Dunkel wurde es gegen 17.30 Uhr. Das war ungewohnt für mich.
Dafür dauern hier die Sonnenuntergänge doppelt so lange als in Augsburg!
Auch die Sonnenaufgänge dauern doppelt so lang…

So richtig kalt finde ich es hier noch nicht.
Die verschneiten Seen sind in den letzten Tagen wieder fast aufgetaut und das Eis trägt nur noch so gerade …
… in den letzten Tagen hat es viel geschneit, viel getaut und jetzt hat es wieder für mich sehr angenehme minus acht Grad.

Laut Zeitungsbericht soll halb Schweden ohne Strom gewesen sein – ich hier auch.
Ein kleines Abenteuer, weil ich ja allein das Haus hütete.
Ohne Strom auch kein Wasser, weil die Grundwasserpumpe nicht ging.
Dafür hatte ich Gas.
Und gerade als ich nach einem knappen Tag ohne Strom Schnee schmelzen und abkochen wollte, ging das Licht wieder an.

Ich habe fast ständig russisches Fernsehen im Hintergrund, so wie viele Familien im Dorf hier auch.
Ich mag einfach den Klang der russischen Sprache.
Im russischen Fernsehen sehe ich viel deutsche Werbung für Schokolade, Katzenfutter, Autos und „Gesundheit“ …
Hier im Dorf machen einige Menschen das meiste selbst, kochen viel ein und stellen auch ihre Süßigkeiten selbst her.

Licht empfinde ich hier als Statussymbol.
Die Menschen hier im Dorf gehen unterschiedlich damit um.
Manche beleuchten Ihre Einfahrt den ganzen Abend wie mit Flutlicht.
Andere verzichten ganz auf ein Außenlicht.

Kleidung sehe ich hier auf dem Dorf als eher zweitrangig und auf pragmatische Dingen ausgerichtet.
Sebezh, die kleine Stadt in der Nähe (ca. 30 km), ist ein Einkaufsparadies für entscheidungsschwache Menschen wie mich … es gab genau eine Alltags-Hose. Für Angler und Jäger hing dagegen ein ganzes Regal voll!

Die Menschen hier scheinen es gern kuschelig zu mögen, so mein Eindruck.
In den Häusern laufen die Kinder meist nackt, die Erwachsenen in Shorts und die Männer ohne T-Shirts.
Wird es zu heiß, werden einfach die Fenster geöffnet. Die Heizungen lassen sich hier nicht regulieren.

In den meist kleinen Häusern wohnen unendlich viele Geschichten auf mitunter sehr wenig Raum …
Hier sieht man bei genauem Hinschauen die Arbeitsplätze der Eltern!

Das Dorf, in dem ich gerade dreieinhalb Wochen verbringe, scheint mir auf die Freiheit jeder einzelnen Familie ausgerichtet.
Jede Familie lebt so, wie sie es mag.
Es gibt keine Regeln, die für alle gelten, es gibt auch keine „Befindlichkeits-Treffen“ oder Diskussionen, wie etwas zusammen gemacht werden soll.

Hier definiert sich Gemeinschaft vielleicht nicht über Regeln, die dann überwacht und eingehalten werden müssen, sondern über zwischenmenschliche Nähe unter Nachbarn.
Wenn ich nicht auf Menschen zugehe, dann bleibe ich allein.

Ich empfinde es als ähnlich wie einem kleinen hessischen Dorf, in dem ich mal ein paar Jahre gelebt habe.
Dort gab es einen Dorfbackofen – hier gibt es einen gemeinschaftlich genutzten Lagerfeuerplatz mit Hütte und Bühne.
Ansonsten gilt, was Deinen Nachbarn nicht stört, ist erlaubt.

 

О дети, придите, придите скорей!
В пещеру и к яслям спешите живей!
В такую святую и дивную ночь
родился Сын Божий, чтоб людям помочь.

Und die Menschen hier singen gern.
Ich habe dort versucht, ein Lied zu finden, dass bei gleicher Melodie einen russischen und deutschen Text hat – Fehlanzeige.
Inzwischen habe ich eins gefunden: „Bruder Jakob“

Bratjetz Jakow, Bratjetz Jakow!
schto ty spisch, schto ty spisch?
||: kolokol usch zwonit, :||
Din-don-don, din-don-don.

Bruder Jakob, Bruder Jakob,
Schläfst du noch? Schläfst du noch?
|: Hörst du nicht die Glocken? 😐
Ding dang dong, ding dang dong.

Den ersten Vergleich mit Frankreich würde ich persönlich so aufrechterhalten … für mich ist es hier im Dorf ein bisschen wie die 1980iger in Deutschland.
Die Menschen hier haben noch Zeit …

Manche haben IT-Jobs, viele sind Handwerker oder Bauern oder Rentner.
Die Frauen tragen Röcke oder Hosen, arbeiten oder tun dies nicht …
und fast alle haben mehrere Kinder.

Wenn jemand vorbeikommt, wird Tee getrunken und erzählt.
Manchmal setzen sich die Männer dazu, manchmal überlassen sie das Reden  ihren Frauen.
Von außen sehen alle Holzhütten recht ähnlich aus, eher funktional als repräsentativ – von innen könnten sie unterschiedlicher nicht sein!

Morgen, am Dienstag 15.1. endet mein erstes russisches Visum (30 Tage) und es zieht mich nicht zurück nach Augsburg.
Ich habe einen Platz zum Weiterlernen in einer russischen Familie in Lettland, Daugavpils gefunden (wo ich bereits vier Wochen war und wo im Alltag auf der Strasse nur Russisch gesprochen wird).
Russisch zu lernen hat weiter oberste Priorität fuer mich.

Russisch nicht so exakt als Sprache wie das Deutsche.
Das macht Spaß, weil mir dies einen neuen Blick auf vertraute Sachverhalte gibt …
Auch hat Russisch viele Worte, die aus dem Französischen, Englischen oder Deutschen stammen.
GER als Silbe steckt im Russischen Wort für “Held” – ist uns Deutschen das Heldentum vielleicht im Namen verankert?

Hier sind meine russischen Helden.
Sie haben es drei Wochen mit mir ausgehalten …

… auf nicht allzu viel Raum!
Und hier kommen natürlich noch die Bilder von der „banja“, eine Art Sauna mit integriertem Waschhaus, die zu (fast) jedem Haus dazugehört …

Ein Ofen, viel Wasser (heiss und kalt) und eine kleine Fläche zum Sitzen und Liegen – und davor ein Platz zum sich Waschen.

… und zum Abschied noch mal mein Häuschen …
ich hatte es nur zum winterlichen Test aufgestellt.

… für mich eine Art eierlegende Wollmilchsau mit seinen 500g Gewicht!

dieser Text ist noch doppelt – auch im Bericht über Anastasia

mit meinem Visum in der Tasche unterwegs zur russischen Grenze

Winterwandern in der Stille:
Ich bin aktuell ca. 15 km von der weißrussischen, ca. 45 von der russischen Grenze entfernt … hier im Dorf gibt es für mich unerwartet eine Bibliothek mit öffentlichem Computer und Internet.

Ich fand den Laden nicht direkt und fragte einen Autofahrer.
Er hielt an und meinte, „Laden, dort“.
Ich weiß nicht, was mich glücklicher gemacht hat,
dass er angehalten und meine Frage verstanden hatte (und ich seine Antwort!)
oder dass es tatsächlich einen Laden gab.

Vielleicht will die nette Verkäuferin, die ich nach einer Unterkunft in der Nähe fragte, etwas organisieren und ich soll warten?
Es ist warm hier, mein Schlafsack trocknet, ich habe (wieder) zu essen,  mein Handy lädt und ich bekam sogar eine Tasse heißen Tee!
Vier Schulkinder starrten mich an und ich „erklärte“ ihnen mein Wanderleben. Beim raus gehen schenkte mir der neugierigste der vier zwei kleine Bonbons zum Trost …

Gelandet bin ich in einer leerstehenden Wohnung im Mehrfamilienhaus.
Nicht kalt, mit Wasser, Strom und Toilette – was will man mehr?
Heute war ich mit weissrussischem Radio, leckerem Essen und diesem trockenen Plätzchen rundum glücklich und sehr dankbar.

Am Abend zuvor hatte ich die Bahngleise, die ich seit Vilnius (!) als Begleitung hatte, endgültig verlassen.
Am schönsten ist es, wenn ich im Schlafsack bin oder wieder alles eingepackt auf dem Ruecken habe. Die Übergaenge dazwischen sind … nass und kalt …

Ich wanderte oft nachts auf einer kleinen Landstraße ohne Verkehr.
Einmal hörte ich eine ganze Stunde lang überhaupt nichts,
sah kein einziges Licht, begegnete keiner Strom- oder Telefonleitung,
kein Hund bellte, einfach nichts um mich herum.
Ich  fühlte, das habe ich gesucht, ohne zu wissen, dass ich es vermisst habe.

In Deutschland ist mir oft alles zu eng, zu laut, zu schnell –
deutlich mehr Menschen pro Quadratkilometer.
Hier ist Raum. Raum zu sein, wie ich bin.

So liebte ich jedes Licht, weil es so selten und damit auf einmal kostbar ist.
So erzählt plötzlich jedes Licht seine Geschichte und ich kann in Ruhe zuhören, weil nicht gleich das nächste Licht gesehen und gehört werden will.

An diesem Abend begann ich bellende Hunde als etwas Freudiges wahrzunehmen, wo ein Hund bellt, ist Leben, so wurde für mich jeder Mensch wieder ein Licht, wertvoll, ein seltenes Geschenk … ohne die vielen (gewohnten) Lichter kann ich nachts die Sterne ganz anders sehen und in der Milchstrasse baden… die Unendlichkeit spüren, das große Geheimnis, die große Mutter, magna mama, die uns alle, auch den Vater … und das Licht, umgibt.

Vielleicht ist wie in jeder Beziehung auch eine Frage von Nähe und Distanz?
Manchmal, wenn mir alles zu viel wird, beobachte ich mich, dass ich meine Umgebung zu hassen beginne.
Hier entdecke ich, warum. Ich brauche einfach genug Platz.

Und dann macht auf ein Mal alles Sinn, alles macht Sinn!
Bislang hatte ich diesen Traum von Russland und dem Wandern, alles Gefühle
ohne recht zu wissen, wohin mich das am Ende führen würde.
Ich folgte meinen Gefühlen, vielleicht weil ich nichts zu verlieren hatte.

Nun spricht der Kopf, mein Verstand:
ich bin also vielleicht kein Pilger, der neue Impulse für sein Leben sucht, sondern ich suche vielleicht einen neuen Platz für mein Leben?

Vielleicht wohnt hier, unweit der lettisch-weißrussischen Grenze, der Weihnachtsmann?

Nach diesem seltenen visuellen Highlight wollte ich mir gerade meinen Schlafplatz suchen, als die lettische Grenzpolizei mich „eingesammelt“ hat.

Sie meinten, es sei doch recht kalt zum Zelten und vor allem aber zu nah an der weißrussischen Grenze.
Die beiden freundlichen Polizisten (einer sprach fließend Englisch) legten mir nahe, die Nacht nicht hier im Wald zu verbringen.

Ich darf die Straße (auch zu Fuß und nachts) benutzen.
Doch in dem Moment, wo ich sie verlasse, um mein Zelt aufzustellen,
verstoße ich gegen EU-Außengrenz-Bestimmungen.

Sie boten mir deshalb eine freiwillige Fahrt zu ihrem Hauptquartier an
und organisierten mir einen Schlafplatz bei der Nachbarin eines Kollegen. Waoh, Danke, sehr elegant gelöst!

So landete ich weit nach Mitternacht in der Wohnung einer allein lebenden Frau mit zwei Kindern. Natürlich gab es als erstes etwas zu essen – alle drei waren wach und die Kinder bestaunten mich ausgiebig. Dann wollten sie mit mir spielen, wurden dann aber ins Bett geschickt, weil am nächsten Tag war ja Schule.

Was für ein Vertrauen – wie wäre dieselbe Situation (ein Russe mit ca. 100 Wörtern deutscher Wortschatz zu Fuß unterwegs) wohl in Deutschland gelaufen?

Durch den nächtliche Fahrt mit der Grenzpolizei war ich plötzlich nur noch zwei Tagesetappen von der Grenze entfernt.

Nun hatte ich noch 5 Tage Zeit bis zum Visum-Beginn.
Bislang war ich (meist nachts) auf nicht geteerten Landstrassen unterwegs.

Durch den unerwarteten Zeitgewinn war ich auch mal wieder querbeet im Wald unterwegs und testete meine Navigations-Fähigkeiten mit dem Kompass und die Tragfähigkeit des Eises über dem moorigen Boden.

Abends im Wald kam ich mit dem tiefgefrorenen Holz nicht über ein Feuerchen hinaus … das bisschen Glut reichte aber, um meinen Trockenfisch zu erwärmen.

Gestern morgen lief bei Tagesanbruch auf die nächste unerwartete zivilisatorische Überraschung zu: eine große Kulturhalle mit Bibliothek – und diesmal mit englischen Computern und riesigen Bildschirmen!

Die Leiterin der Bibliothek, Lena, war über mich als Gast so angetan, dass sie ihren Bekanntenkreis durchtelefonierte und mich für ein Wochenende in der leerstehenden Wohnung einer Bekannten unterbrachte.
Wieder waoh, danke!

Ich liebe die Natur und spüre das unfassbare Geheimnis, die „große Mutter“ (magnamama) am besten draußen.

Hier in Vecslobada habe eine Kirche ganz nach meinem Geschmack gefunden!

 

in Daugavpils, Lettland – nicht wissen – innen&außen!!! – 2. Mal dort

Ein besonderes Erlebnis: ich baute in Daugavpils meine erste kleine Brücke über einen schon leicht zugefrorenen Sumpf.
Eine – objektiv betrachtet – sinnlose Tat, die der ortsansässige Biber sicherlich in den nächsten Tagen wieder “in Ordnung” bringen wird …

Für mich etwas, das mich wärmt und mir wieder ein Stückchen Angst vor meinem großen Traum, meiner großen Liebe Russland genommen hat:
Im Winter gibt nicht nur Kälte, sondern auch ganz neue Wege über gefrorene Sümpfe und Seen!

Unterwegs fühle ich mich einem ständigen Zustand des „nicht-Wissens“ ausgesetzt … ich kann nie genau planen. Ich bin für alle Überraschung und Herausforderung offen, weil ich ja meinen Unterschlupf und bisschen was zu essen immer bei mir trage.
In diesem „nicht-Wissen“ fühle ich, wie sich mein Geist der Unendlichkeit öffnet und ich mit meinem.r Schöpfer.in  immer wieder mal ins Gespräch komme.

Hier ist alles anders, neu, ungewohnt, ungewöhnlich.
Jede meiner Wahrnehmungen muss genau geprüft werden.
Weniger zu wissen, heißt mehr zu fragen.
So komme ich ins Gespräch mit mir selbst.
Ich funktioniere nicht mehr wie ein Rädchen im System, sondern fühle mich als Mensch.

Was ist das mit Russland eigentlich?
Ist das ein bisschen Verliebtsein, das mich wachgerüttelt und mich mir selbst vielleicht ein kleines Stückchen naeher gebracht hat oder ist das ein reales Vorhaben?
Manchmal erscheint es mir aussichtslos, mich durch das Dickicht der russischen Einreisebestimmungen zu kämpfen … und dann ist es wieder da … mein unbeschreibliches Sehnen, ich habe mich – ohne exakt zu wissen warum – in dieses geheimnisvolle Russland verliebt.

Ein weiteres, aktuelles Spüren aus diesem Raum des „nicht-Wissens“:
In Russland lebt es sich von den äußeren Lebensbedingungen her sicherlich nicht so komfortabel wie in Europa, aber vielleicht geht es (vor allem natürlich: mir) aktuell gar nicht um Komfort und äußere Umstände?
Vielleicht beschäftigten sich aktuell die meisten Menschen auf der Welt mit Dingen auf der „falschen“ Seite, zu sehr im Außen?

Damit will ich sagen, vielleicht beschäftige ich mich zu sehr mit der Außenwelt?
Unsere Menschheitsgemeinschaft steht vor globalen Herausforderungen, die mir im Außen unlösbar erscheinen.
Vielleicht kann es gar kein fair und gerecht regiertes Land geben, solange die Menschen sich nur im Außen verbessern wollen, mehr Komfort, bessere Lebensbedingen?


Vielleicht schlummern die wahren Herausforderungen im Innen?
Vielleicht kann es im Außen keinen Frieden geben, solange die Menschen auf der Erde nicht tiefen inneren Frieden mit sich selbst gefunden haben, sich akzeptieren, wie sie sind und sich nicht ständig mit den Nachbarn vergleichen und so sein wollen wie alle anderen auch?
Auch hier möchte ich natuerlich ausdrücken, dass ich das mir am meisten für mich selbst wünsche.

Vielleicht können ständige Herausforderungen jenseits der im Westen üblichen Komfortzone sogar ein Geschenk sein oder anders ausgedrückt:
ich fühle mich so wohl als Pilgerer, als Abenteuer, als Wanderer zwischen den Welten, ich kann so mir selbst begegnen und mich so annehmen wie ich bin und ich bin wirklich nicht durchschnittlich …
ich sei „sehr groß und sehr klein“, meinte eine Freundin vor der Abreise …
da bin ich vielleicht ein klein bisschen ähnlich wie Russland und wenn ich das akzeptiere, dann schwindet meine Angst.

„Ich bin der Weg, niemand kommt zum Vater denn durch mich“?, steht in der Bibel, noch immer das meistverkaufte Buch.
Jesus ist plötzlich zwischengeschoben zwischen Geist und Mensch und auf einmal ist der Mensch sündhaft und erlösungsbedürftig?
Eine unglaubliche Geschichte, sie wird uns als Liebe verkauft und ist vielleicht der Beginn des Turbo-Kapitalismus? Sünde ist ein riesiges Geschäftsfeld geworden?
„Ich bin der Weg“, könnte vielleicht auch heißen: Ich bin mein Weg oder ich gehe meinen Weg? Jeder Mensch ist vielleicht aufgefordert genau SEINEN EIGENEN Weg zu finden und zu gehen? Seine eigene Aufgabe zu spüren und diese zu erfüllen, jenseits von Macht, Ruhm, Anerkennung und Geld?

Vielleicht ist alles in Ordnung, d.h. im Wandel? Vielleicht gibt es nichts, vor dem wir als kreative mutige Menschen Angst haben müssten? Wann bin ich mutig und kreativ? Nur dann, wenn ich mich von meiner Sehnsucht nach Anerkennung löse? Vielleicht auch dann, wenn ich es wage, so zu sein, wie ich wirklich bin – und gleichzeitig wahrnehme, wie andere sind und auch, was sie sich von mir wünschen?
Vielleicht ist diese „Gleichzeitigkeit“ ein mutiger Schlüssel in Richtung Geist, ich tue das, wofür ich geboren wurde und ich bin offen für die Bedürfnisse meiner Mitmenschen. Vielleicht sind wir im doppelten Sinne verantwortlich? Für uns selbst UND für die Mitmenschen? Den eigenen Weg gehen und die Belange meiner Mitmenschen spüren?

Zuversicht

Das hätten wir ja aktuell vielleicht nötig.
Die Menschheit ist durch das „Virus der Wirtschaftlichkeit“ momentan dabei, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören.
Sicher ist: der Mensch wirkt mächtig auf seine Umgebung (Klima) ein – aber gleichzeitig wirkt vielleicht auch die Umgebung (Klima) auf den Menschen ein?
Kann die zusätzliche Energie einer Warmzeit (Klima im Wandel) helfen, dass in komfortablen Überzeugungen festgekettete Menschen zu sich selbst zu finden?
Gibt es ein Anrecht auf Lebensglück?
Oder ist die einzige Freiheit, die die Menschheit hat, ihre eigene Entwicklung zu verzögern?

Ich hab im Jahr 2018 unzählige Videos, Reportagen und Dokumentationen über Russland angeschaut – und dabei ist mir ein Moment am stärksten in Erinnerung geblieben:
Der Film handelte von zwei LKW-Fahrer in Nordsibirien, die auf einem “Simnik” unterwegs waren.
Ein Simnik ist eine Strasse aus Eis, die nur im Winter – hauptsächlich auf zugefrorenen Flüssen – befahrbar ist.

Und auf dieser eisigen Piste begegneten die LKW-Fahrer einem Radler, Richard Loewenherz aus Berlin, der da unterwegs war.
Als ich das sah, dass da ein Mensch mit 80kg Gepaeck auf dem Rad allein vier Wochen im Norden Sibiriens unterwegs war, nun, das machte mir einfach Mut.

Ich schreibe hier, um Mut zu machen. Denen, die meinen Blog lesen und natürlich auch mir selbst.
Vielleicht auch das, was einen Menschen wirklich ausmacht … mein Mut ist grad gefragt, denn es scheint zu klappen mit meinem Visum fuer Russland und vielleicht bin ich ab dem 17.12. für 4 Wochen in Russland – das wäre mein Weihnachtsgeschenk und Herausforderung zugleich.

Ich hab die letzten drei Naechte probehalber draußen geschlafen bei bis zu minus 15 Grad Celcius … und hab nicht gefroren. Schlafsack, Zelt, Isomatte – meine Freunde.
So hatte ich abwechslungsreiche Tage: morgens zwei Stunden Wanderung in die Innenstadt, Unterricht, Arbeit am Computer in der Bibliothek und abends dann wieder zurück in den Wald.

Das ist Galina, meine Sprach – Partnerin.
Nach nun drei intensiven Wochen in Daugavpils hatte ich heute (6.12.) meine letzten beiden Stunden bei ihr.
Eine tolle Lehrerin, Danke!

zweites Mal in Daugavpils:

Mein Traum führt mich … aktuell wieder nach Daugavpils, eine Stadt in einer Region in Europa, in der fast ausschließlich Russisch gesprochen wird!

Sehr geholfen hat mir ein deutscher Kulturverein hier: ERFOLG.
Dort kann ich mich ein wenig nützlich machen.
So gibt es nun einen wöchentlichen Diskussionsabend auf Deutsch.
Es geht auch ohne mich weiter, immer Donnerstags um 18 Uhr

Wir sprechen über kulturelle Unterschiede von Lettland und Deutschland und über die Sowjetzeit hier.
Und ich fand tolle Sprachpartner, mit denen ich mich traf,
um eine Stunde Deutsch und dann eine Stunde Russisch zu sprechen.

Meinen schönsten Moment in den letzten Wochen in Daugavpils erlebte ich bei einem Ausflug.
Am frühen Morgen durchquerte ich barfuß diesen Bach.
Das Eis trug nicht mehr, ich war der Eisbrecher!

In der Stadt zu leben, zu lernen, viele Menschen zu treffen war für mich eine interessante Herausforderung.
Wenn ich wandere und im Zelt übernachte, habe ich oft nur wenige Kontakte.
Hier gab es viele Lichter und ich selbst war auch eines …

Nun sendet mein Körper klare Signale, dass ich wieder mehr Distanz brauche.
Leider!
Die Umgebung ist wunderschön – seit dem letzten Wochenende (16.2.2019) wird es Frühling und es zieht mich wieder raus ins Zelt und in die Natur.

Nach meinen Winterlagern im russischen Dorf und hier in der Stadt wird es wohl Zeit, dass ich mich mal wieder bewege …
Auf Wiedersehen, Komfort …

Daugavpils verabschiedete sich von mir mit herrlichem Wetter.
Meine Sprachpartnerin Tatjana begleitete mich ein Stück … sehr nett.
Wenn ich wieder zurück komme, haben sie und ihr Mann mich zum gemeinsamen Lernen in ihre Wohnung eingeladen – schon wieder waoh, danke!

Doch es war nur am ersten Tag eine Wanderung im Frühling.
Dann wurde es ein Wind und Winter Test.

Wenn ich alles anziehe, was ich habe … ist mein Rucksack leichter!
Und in Sibirien ist es im April vielleicht ähnlich frühlingshaft …

Ich habe Ilze und Oskar auf ihrem Bauernhof kennengelernt!
Auf dem Foto unten begrüßt mich Oskar ganz lebendig …
… bitte zwei Mal gucken!

Die beiden habe ich auf www.helpX.net gefunden, eine Plattform für freiwillige Helfer gegen Kost und Logis.
Zwei besondere Menschen, Ilze macht Musik und Oskar kümmert sich um alte Dächer.

Er stellt Dachschindeln selbst her und gibt Workshops für Menschen,
die sich nachhaltig, günstig und selbst ein Dach bauen wollen.
Auf dem Hof von Ilze und Oskar ist in der Höhe einiges los!

Leider sprachen wir nur Englisch, die Familie spricht lettisch miteinander.
Aktuell fühle ich mich ja da zuhause, wo mein Rucksack ist … und russisch gesprochen wird!

Als ich das erzählte, riefen die beiden ihre Freunde an … und so lerne ich heute Abend Alexei kennen, der spricht Russisch und Deutsch!
Er macht gerade Holz und kann mich als Helfer gut gebrauchen …

An die ganze Gegend: waoh, Dankeschön!

Ab und an habe ich auch im Winter Ausflüge aufs Land gemacht …
wie zu Sebastian.
Auch ein Deutscher … er hat sich hier seinen Traum verwirklicht.

Ende März besuche ich Familie und Freunde in Deutschland.
Anschliessend werde ich von Mitte April bis Mitte Juli in Sibirien (90 Tage mit Ausgangspunkt in Krasnojarsk) sein und dort eine Probewanderungen am Fluss Angara Richtung Osten machen.

 

unterwegs in Litauen

meine erste Nacht im Zelt auf litauischem Boden

Es wird hier früh dunkel (ab vier Uhr nachmittags) und erst gegen acht Uhr morgens wieder hell. Es ist ja auch schon November!
Bislang wusste ich mit den vielen Nachtstunden nicht viel anzufangen – doch dann überquerte ich eine Bahnbrücke in der Dämmerung und lief erstmal ca. 15 km auf dem Fahrweg neben der Bahnline,

ein Zug in Litauen

die ich bisher als grobe geografische, manchmal auch akustische Orientierungshilfe genommen hatte.
Danach wechselte ich auf eine Sandpiste parallel zur Bahn, bis es gegen Mitternacht in meinem Unterbauch “grummelte” …
… und ich so den perfekten Schlafplatz neben der Strasse im Wäldchen fand …
hätte ich diese Orientierungsfähigkeit mal im „richtigen“ Leben!

Tags drauf fand ich einen sehr angenehmen Pausenplatz – die Tür war offen für mich

gut, dass ich nicht geblitzt habe: das war ein Panzer

Ich habe „riba“ (auf russisch: Fisch) auf einem komplexen litauischen Hinweisschild gelesen und dachte, ich sei in einem Naturschutzgebiet.
„riba“ war aber litauisch und in dieser Sprache heißt es „begrenzen“ …
Auf dem Militärgelände fand ein großes europäisches Manöver statt.
Die Begegnungen mit den Soldaten waren respektvoll und voll gegenseitiger Neugier.
Für einige Stunden war ich vielleicht der am besten bewachteste Wanderer im ganzen Baltikum…

viele Soldaten, viel… Die vielleicht menschlichste Seite des Militärs: hier müssen alle Nationen mal hin!

mein gut bewachter Pausenplatz

hier in Litauen wird es früh dunkel, praktisch, dass die Wanderwege im Wald so breit sind 🙂

Litauen empfinde ich als wunderschön, jedoch …

 

… schlecht beschildert?

und dann kam dieses Schild!

 

Dann endete die Straße tatsächlich (Brücke eingestürzt) und ich bekam meinen Schlafplatz “zugewiesen”

Den „baltisch-kreativen“ Neubau der Brücke fand ich erst am nächsten Tag mit mehr Licht

 

Zehn Worte und ihre Übersetzung

Irgendwo im Internet las ich mal einen Artikel, der behauptete folgendes:
Die „wahre“ Übersetzung eines wichtigen Zitats aus der Bibel lautet:
«macht Euch der Erde untertan»
und nicht
«macht Euch die Erde untertan»

«Sich die Erde untertan zu machen»
passt als Legitimation natürlich besser in die heutige Zeit als
«sich der Erde untertan» zu machen.
Das wäre ein ganz anderes Leben in der westlichen Welt.

Im hebräischen Urtext ergeht der Auftrag an die Menschen, die Welt zu betreuen, nicht zu unterjochen, weise und umsichtig zu verwalten und zu erhalten.
In der Verdeutschung geht das Klangpaar verloren, dass Adam als „Erdling“ mit „ADAMA“, der Erde als seinen Mutterboden unzertrennlich verbindet.
Sie ist und bleibt der Ast, auf dem wir sitzen, dass Feld, was uns nährt.“

источник – Quelle: https://quotenqueen.wordpress.com/2011/04/03/ist-die-bibel-richtig-ubersetzt-teil-2/

Die Wissenschaft hat sich mit dem hebräischen Text in den letzten Jahren offenbar mehr Mühe gegeben.
So schreibt der Theologe Matthias Schlicht: „Die hebräische Exegese findet erst in den letzten Jahren angemessenere Übersetzungen.
Das hebräische Verb kabasch (bisher übersetzt als ‚untertan machen‘) hat auch die Bedeutung: ‚als Kulturland in Besitz nehmen‘, ‚dienstbar / urbar machen‘, wie Vergleiche mit Verbübersetzungen in anderen biblischen Büchern (Num 32 EU und Jos 18 EU) zeigen.
Das Verb radah (bisher übersetzt als ‚königlich bzw. herrschaftlich auftreten‘) wird in Mari-Texten für den Umgang eines Hirten mit seiner Kleinviehherde verwendet und müsste die verantwortungsvolle, fürsorgliche Konnotation zum Ausdruck bringen.“

источник – Quelle: https://www.aref.de/kalenderblatt/mehr/dominium-terrae.htm

Den Satz aus dem Alten Testament „Macht euch die Erde untertan“ hatten die Theologen lange falsch interpretiert.
Er kann nach dieser Enzyklika nur so gedeutet werden: Macht euch der Erde untertan.“
Franziskus wörtlich: „Wir sind nicht Gott. Die Erde war vor uns da und ist uns gegeben worden… die Harmonie zwischen dem Schöpfer, der Menschheit und der Schöpfung wurde zerstört durch unsere Anmaßung, den Platz Gottes einzunehmen. Wir sind begrenzte Geschöpfe.“

источник – Quelle: http://www.sonnenseite.com/de/franz-alt/kommentare-interviews/papst-franziskus-macht-euch-der-erde-untertan.html

Aktualisierung vom 16.6.2024
Heute habe ich auf dem Pfarrfest im Garten von St. Andreas A.J. kennengelernt.
Er hilft in einem Verein mit, der auf Festen Pizza bäckt und dann verschenkt.

So wie Gottes Liebe auch ein Geschenk ohne Gegenleistung ist.
A.J. bezog sich in unserem Gespräch auch auf das „sich DIE Erde untertan machen“ und bot mir hierfür eine weitere Interpretationsmöglichkeit an:
sich die Erde untertan machen“ bedeutet für A.J., sich wie ein Schrebergärtner oder einfühlsamer Landwirt sich bestmöglich um die anvertraute Scholle zu kümmern – im Sinne von „hegen und pflegen“

Das bringt mich auf den Gedanken von Kultur und Natur. Wir haben uns als Menschheit über die Natur erhoben und Kultur entwickelt. Das ist grandios.
Wir sind der Natur weit weniger ausgeliefert als noch vor 100.000 Jahren. Vielleicht jedoch haben wir es ein bisschen übertrieben mit unserer Kultur und könnten jetzt die Natur gleichzeitig und auf Augenhöhe mitbedenken und ein neues Gleichgewicht finden?

und das wiederum bringt mich auf das Phänomen mit der Komplexität.
Das ist nämlich ein ziemliches komplexes System, in dem wir leben und dessen Steuerung uns irgendwie aus der Hand zu gleiten scheint. Komplexe Situationen machen leider Lust auf die ganz einfachen Lösungen – den Umgang mit komplexen widersprüchlichen Systemen lernen wir in der Schule nämlich leider nicht…

und Pfarrer Markus Maiwald, St. Andreas, Augsburg-Herrbenbach beschrieb es so:
Es gibt im hebräischen keine Entsprechung für Du „sollst“ – besser wäre: „wenn Du mich verstanden hast, dann wirst Du …“

Der Sinn der Kirche ist in meinen Augen, Menschen dabei zu unterstützen, ihre eigene individuelle Antwort auf das Leben selbst zu finden. Wo Menschen im offenen Dialog miteinander reden, sich zuhörend begegnen, da findet für mich Kirche statt!
Kirche als organischer Netzwerkknoten für „Liebe und tu, was Du willst“ (Augustinus).

verbunden&frei – Reisevorbereitungen

Als ich im Juli 2018 die Alpen vom Schweizer Süden bis Peißenberg in Deutschland überquerte (als Probewanderung), fühlte ich mich in der Natur zutiefst verbunden und gleichzeitig vollkommen frei.

Plötzlich schien mir nichts in dieser Welt mehr bedrohlich, selbst in tiefster Finsternis, spürte ich Strahlen von Wärme und wusste, ich werde die nächsten Jahre gen Osten wandern. Hin zum Licht.

Ohne das begründen zu können oder zu wollen, empfinde ich tief in meinem Herzen das Wirken der großen Mutter in der aktuellen Zeit am stärksten in den unendlichen Weiten Sibiriens. Dorthin mache ich mich gerade auf – zu Fuß.

Diese vollkommene Verbundenheit, als ich die Alpen überquerte, dieses Gefühl war von einer Intensität, die ich seither in der Stadt, in Augsburg, nur äußerst selten wiederfinde.
Diese tiefe Verbundenheit, dieses Mich-Zu-Hause-Fühlen, diese unwiderrufliche Geborgenheit, die ich erleben durfte, war, wie wenn das große Geheimnis, wie wenn Gott mich anstupst, mich ruft.

Ich war fast immer im Freien, ich hab draußen geschlafen (ohne Zelt), ich zog meinen Poncho an, wenn es regnete, ich aß, wenn ich hungrig war, ich schlief, wenn ich müde war.
Ich war außerhalb von Zeit und Raum, hatte keine Ziele…

Mein tiefes Gefühl der „Verbundenheit in Freiheit“ während meiner Alpenüberquerung verblasste zuletzt immer mehr.
Ich konnte mich zwar noch gut daran erinnern (kognitiv: da war was), aber nicht mehr hinspüren. Es hatte ca. sechs Wochen angehalten…

Das wirkte sich zunehmend negativ auf meine Entscheidungsfähigkeit im Alltag aus und … Entscheidungen gibt es aktuell wirklich genug zu treffen:

  • meine Ausrüstung
  • Finanzen und Versicherungen
  • Visafragen
  • was mache ich mit meiner Wohnung?
  • wohin mit meinen Sachen
  • … bis zur vielleicht noch notwendigen Zahnkrone…

Mein Wunsch, möglichst bald aufzubrechen, rückte in immer weitere Ferne.
Ich sehnte mich nach einer Heldentat, um mir selbst ein Zeichen in Richtung Aufbruch zu geben.

So vermietete ich zum 1.9.18 mein Schlafzimmer an Ahmet, einen jungen Elektriker aus Ulm. Er arbeitet nahe von Augsburg.
Seitdem lebe ich zusammen mit ihm, bzw. er mit mir – denn er wird nach meiner Abreise die Wohnung übernehmen.

Letzten Mittwoch, am 12.9.18, war der große Tag: ich besuchte das Russische Generalkonsulat in München.
Veronika aus Moskau begleitete mich als Übersetzerin. Wir lernten zusammen Russisch und Deutsch.
Ich hatte einen Termin für „anspruchsvolle Dokumente“ gebucht – damit waren aber Beglaubigungen gemeint…
Ohne den Charme von Veronika wäre ich gar nicht am Security-Mitarbeiter vorbeigekommen.

Es war ein typisches russisches Amt, meinte Veronika:
ungefähr zehn Schalter, alle hinter Glas, Verständigung über Mikrofon und Lautsprecher, überall Menschengruppen, Durchsagen per Lautsprecher …
… in mir mehr Angst als russische Wörter!

Wir durften mit dem Vizekonsul sprechen, ein freundlicher und verbindlicher ruhiger Mann, der sich Zeit für uns nahm.
Er sah allerdings keinerlei Chance, meine geplante Wanderung mit den russischen Einreisebestimmungen in Einklang zu bringen.

Für diese – nicht ganz unerwartete – Entscheidung (europäische Behörden haben ähnliche Bestimmungen und  hätten wohl einem Russen gegenüber mit ähnlichem Vorhaben in Europa keineswegs anders reagiert) hatte ich mir einen Plan B, eine Ersatzroute, entwickelt.

Diese Ersatzroute mit einem Winter in Südfrankreich als Einstieg klang so verlockend, dass ich nach dem Gespräch mit dem Vizekonsul dachte, dann halt nicht nach Osten, sondern erst mal in den europäischen Westen.
Ist doch auch sicherer? näher? einfacher …

Aber irgendwas stimmte nicht, es fühlte sich nicht richtig an mit dem wilden Westen und Frankreich und England und Irland und Schottland und Norwegen und dem Nordkap und Finnland …
ich fing an, tausend und eine neue Route zu ersinnen …
und sehnte mich doch in meinem tiefsten Inneren nach der Weite Sibiriens und der „russischen Seele“.
Als ich mir das zugestand, ward mir warm ums Herz.
Ich glaube, ich habe mich verliebt … in ein Land! In ein großes weites und wildes Land, um das ich kämpfen will.

Zum Abschluss unseres Gesprächs hatte mir der Vizekonsul noch einen Rat gegeben: wenn ich mich so lange in Russland aufhalten will, sollte ich wesentlich besser Russisch sprechen.
Jetzt beginne ich zu verstehen: mein Schlüssel zu Russland könnte die Sprache sein.

Und diesen Schlüssel kann ich nicht gemütlich während des Wanderns im Land selbst erwerben, sondern ich brauche ihn vorher.
Somit ergibt sich eine Zwischenstation: ein Sprachkursaufenthalt im Baltikum.

Das heißt, wenn es mir im nahenden Winter zu kalt zum Wandern werden sollte, suche ich mir schon unterwegs eine Sprachschule und eine Gastfamilie und lerne dort Russisch.
Spätestens aber in Lettland, vielleicht in Daugavpils (Dünaburg), eine Stadt mit russischem Konsulat kurz vor der lettisch-russischen Grenze.

Heute, am 26.10.2018 wurde mir überraschend – fünf Tage zu früh – Telefon und Internet abgeschaltet.
Nach dem üblichen inneren Grummeln, mehrfachen Router ausschalten, Stecker ziehen und wieder einstecken usw. beschloss ich zu meiner eigenen Überraschung, mich nicht zu ärgern.

Kurioserweise  steigerte diese „Panne“ meine Laune sogar erheblich:
„so wird es sein, wenn ich unterwegs bin“, dachte ich, da ich ohne mobile Daten reisen werde.
Also fühlte ich mich meiner Abreise einen Schritt näher … und irgendwie freier!

Apropos Abreise: es verzögert sich etwas.
All meine Sorgen, Gewohnheiten, Befürchtungen, Verstrickungen und Komfortbedürfnisse machen grad eine Art Familientreffen bei mir.
Sehr unterhaltsam … süßlich, klebrig und zeitintensiv …

Vorhin las ich in meinem kleinen Notizbüchlein: „Mut ist Angst, die gebetet hat“ – ich bin mir nicht sicher, ob ich das irgendwo aufgeschnappt habe oder ob es von mir selbst sein könnte.
Es ist natürlich nicht von mir selbst, nichts ist von mir (außer meinem immensen Stolz, der mich immer wieder von der Glückseligkeit abtrennt), sondern ich war höchstens eine Art Antenne, die es empfangen hat.

Wenn alles so klappt, wie geplant, ist das mein letzter Eintrag von meinem (bald ehemaligen) Zuhause.
Hochladen kann ich es ja schon nicht mehr von hier … (der Komfort sinkt!)
Am 5.11.2018 soll es abends mit dem Fernbus über Wien und Warschau nach Vilnius gehen.
Von dort aus zu Fuß weiter nach Daugavpils, Lettland zum Russisch lernen.

 

Почему магнамама – warum magnamama?

Ich denke über das Leben selbst jenseits von richtig und falsch nach und möchte Impulse zum Nachdenken „in die Mitte schubsen“: Raum zum Sein.
Da fühle ich mich unterm Schirm der Großen Mutter gut behütet!

Muttergöttin oder Große Mutter sind übliche Bezeichnungen aus Archäologie und Religionsgeschichte … von ur- und frühgeschichtlichen Kulturen.
Muttergöttin oder Große Mutter wurden als Lebensspenderin (Fruchtbarkeitsgöttin) oder auch als Mutter von Göttern oder als beides verehrt.  

Quelle Bild & Text: Wikipedia (deutsch)

Die Große Mutter gilt als Archetyp nach C. G. Jung. Archetypen können als Teil einer sozio-kulturellen emotionalen „Gewohnheit“ verstanden werden. Sie können Identitäts-bildend wirken – oder ablenken… Dieser Archetyp der Großen Mutter ging über die Jahrtausende patriarchalischer Entwicklung fast vollkommen verloren. Das rationale, selbst-bewusste, souveräne ICH hat sich radikal aus der Einbindung in die umgebende Natur gelöst und hierarchische Kultur entwickelt.
Die gleichrangige organische Gemeinschaft aller Lebewesen, das Allumfassende, das Lebensspendende, das Geheimnisvolle, Unverständliche, Widersprüchliche des Lebens selbst (werden UND vergehen) hatte immer weniger Platz in der Kultur der Aufklärung und dem Konzept des freien Willens.

Die große Mutter wertet nicht, sie unterscheidet nicht zwischen gut und böse, richtig und falsch.
Sie liebt alle Facetten des Lebens gleich – egal, ob nützlich oder nicht – egal, ob reich oder arm – egal, ob klug oder dumm – egal, ob das Wirtschaftswachstum dadurch gefördert wird oder nicht.
Die große Mutter fehlt heute beinahe komplett in unserer westlichen leistungsorientierten Gesellschaft.

Ein Beispiel hierfür ist die „Kindliche Kaiserin“ aus dem Buch „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende.
Vor ihr sind alle Geschöpfe gleich, die Dunkelwesen genauso wie die Boten des Lichts.
Die Kindliche Kaiserin weiß, dass jeder Schmerz nicht zwingend Leid bedeutet,
sondern auch ein Wachstumsimpuls sein kann.

Ich bin evangelischer Christ … liebe katholische Messen … spüre Gott am besten draußen in der Natur … und liebe die kleinen Kapellen am Wegesrand, wo ich glaube zu spüren, dass da viel und intensiv gebetet worden ist.
Inspiriert von diesem „alles-gleich-gelten-lassen“ der Großen Mutter – sehe ich alle Wege zu Gott als gleichrangig an. Jede Religion, jeder Glauben, jeder Mensch findet auf seinem ganz eigenen Weg zu dem selben all-einen Gott, zu einem uns Menschen unverständlichen großen Geheimnis.

Gott ist für mich wie eine kleine hell beleuchtete Kapelle auf einem unendlich hohen Berg, der von jeder Himmelsrichtung aus bestiegen werden kann.
Es ist also vollkommen nebensächlich, ob ein Mensch diesen geheimnisvollen Berg mit islamischem, hinduistischem, buddhistischem, christlichem, schamanischem oder atheistischem Glauben besteigt.
Oder mit einem ganz persönlichen „Glaubensmix“.
Alle Wege führen zur selben Kapelle auf dem Berggipfel.
Der eigene Weg ist das Ziel.
Gott ist das Leben.

Zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte gab es Bräuche und Rituale, die das Licht und Leben selbst feierten. Sie feierten Feste, um Gemeinschaft zu erleben. In alten Zeiten geschah das vielleicht, um Natur und Kultur miteinander zu versöhnen.
Und genau das möchte ich heute wieder zu den Jahreskreisfesten auf eine ganz neue Art versuchen – ein Feuer in den Menschen und in mir selbst entfachen!

Von 2006 bis ca. 2014 feierten Menschen (mit Lagerfeuer an Wertach oder Lech) die Jahreskreisfeste.
Damals lud ich eher spartanisch zum Feuer ein: per E-Mail-Rundbrief gab ich Zeit und Ort bekannt und brachte Holz mit. Was am Abend ums Feuer herum geschah, war vollkommen offen.
Mal waren wir viele, mal wenig, es kam vor, dass ich allein blieb. Mal gab es ein gemeinschaftliches Buffet, manchmal wollte die Menschen nicht miteinander teilen und blieben in kleinen Gruppen getrennt. Mal wurde gesungen, erzählt und manchmal auch geschwiegen.
Dieses „alles-offen-lassen“ – „was-entstehen-will-entsteht“ – das möchte ich nun anders gestalten. Ich möchte nicht „nur“ einen Raum schaffen, sondern ich möchte auch einen Impuls geben: ich möchte einladen, das Leben selbst zu feiern!