Der Mensch hat zwei psychologische Grundbedürfnisse: Bindung und Freiheit. Ein Baby braucht Mama und Papa und es will die Welt entdecken. Diese beiden Grundbedürfnisse widersprechen sich.

Der Mensch als soziales Wesen orientiert sich natürlicherweise an anderen Menschen, an seiner Umgebung. Die Eltern eines jeden Menschen, die Kultur, in der ein Mensch aufwächst, die Sitten und Gebräuche einer Gesellschaft – all dies gibt Halt, Bindung, Orientierung, Geborgenheit und Zugehörigkeit.

Gleichzeitig ist dieser schützende Kontext auch eine Art geistiges Gefängnis. Bestimmtes soll nicht hinterfragt werden, das würde zu sehr verunsichern, zu viel Aufwand und Energie kosten. „Das ist einfach so … und bleibt besser auch so“. Zu viel Bindung ist also gleichzeitig eine „Freiheitsberaubung“, eine Art Einschränkung des menschlichen Bewusstseins-Wachstums.

Des Menschen größte Angst ist frei zu sein. Gleichzeitig ist es seine größte Sehnsucht. Der Kartoonist Marunde meinte mal in einem Interview: der Mensch möchte frei sein wie ein Adler und pünktlich sein Essen bekommen wie ein Huhn.

Ein persönliches Beispiel für diese kollektive Bindungs-Einschränkung: ich ging mehrere Jahre in eine selbstorganisierte Männergruppe und wir versuchten wirklich, unser Mann-Sein zu reflektieren. Wir wollten irgendwie „weicher“ werden. Aber eines hat sich in all den Jahren nicht geändert: wir waren Konkurrenten. Statt „wer hat den Längsten?“ kämpften wir nun um die Vorherrschaft in neuen Disziplinen wie „wer weint am meisten?“ oder „wer ist am hilfsbereitesten?“ … und ganz besonders hintergründig trugen wir den Wettbewerb aus, wer von uns wohl am bescheidensten ist?
Wir kamen damals aus unserem kollektiv fest eingewebten männlichen Konkurrenz-Verhalten (noch) nicht heraus…

Im Winter 2018 wanderte ich von Vilnius, Litauen über Lettland zu Fuß nach Russland: Mein altes Leben war zerstört – ich hatte nichts mehr zu verlieren!
Ich war zu Beginn verzweifelt, einsam, ich fror, ich war schlecht ausgerüstet und musste dauer-improvisieren, ich war allein zu Fuß mit Zelt in der Natur und einer mir fremden Kultur (fast ohne Sprachkenntnisse) unterwegs, jenseits von Wanderwegen, zu einer Jahreszeit, wo sonst niemand in den Wald geht oder durch den Wald geht (teilweise sprach ich nur beim Einkaufen „das, bitte“ und „das, bitte“ und „auf Wiedersehen“ während einer ganzen Woche) und ernährte mich unterwegs von Schwarzbrot, Hartwurst und Schokolade (viel Energiegehalt pro Gewichtseinheit und in jedem Dorfladen erhältlich – ich hatte sonst nichts dabei…)
Kurz: ich war so ziemlich komplett ohne Bindung (weder persönlich, noch kollektiv oder irgendein Glauben, der mich eingebunden hätte…) unterwegs.

Ich wusste nicht, warum ich mir das antat, ich hatte keine Ahnung, warum ich unterwegs bin, ich hatte auch kein Ziel (außer Russland zu erreichen, das mir damals noch Angst machte). Ich fragte mich aber die ganze Zeit: wer bin ich, warum tue ich das und wo soll das hin führen – bis ich irgendwann damit aufgehört habe, weil es keinen Sinn machte, schlechte Laune verbreitete und keine Antwort auch nur ansatzweise am Horizont zu erhaschen war.

Das war hilfreich, denn nun sprach ich halt mit dem Wald, fand auf einmal querfeldein die tollsten Wege aus dem Bauchgefühl heraus, folgte den Tierspuren, spürte eine innere Stimmigkeit (verbunden und frei) im bloßen Unterwegssein.
Und dann begann ich plötzlich, unerwartet und ungefiltert (vielleicht wie eine Art „menschliche Antenne“, die bislang nur Rauschen empfing) innere Bilder, Botschaften zu empfangen, die ich hier teilen möchte.

Dann wird es Raum für eine neue Entwicklungsstufe der Menschheit geben.
In dieser neuen Entwicklungsstufe – so meine innere Schau, mein Spüren – öffnet sich in jedem Menschen RAUM. Das Ich wird fluide, das Ego muss nicht mehr so viel Angst haben. Das tut weh, dieser Prozess, er ist mit viel Schmerz verbunden, dieser Ich-Tod.
Doch die Menschheit hat die Chance, einfach „in Liebe“ zu leben, wobei Liebe eben nicht gleichbedeutend mit Glück ist – sondern Liebe ist die Bereitschaft zu leiden, Schmerz auszuhalten, um sich zum Licht hin zu entwickeln, um das Bewusstsein zu erweitern, um den Kontext des „Rund-um-die-Uhr-Glücks“ hinter sich zu lassen und am Ende eines zugegebenermaßen schmerzhaften Prozesses tiefe innere Zufriedenheit im Bewusstsein des eigenen Wachstums zu erleben.

Wachstum ist oft mit Schmerz verbunden, diesen Schmerz zu lieben, sein zu können mit dem was ist … aufhören im Kontext von „gut und böse“ zu bewerten – das öffnet neuen RAUM für eine weiterentwickelte Menschheit.
IN jedem Menschen ist Orientierung und Kraft, die dann keine magischen Rituale oder große Geschichten oder Mehrheitsbeschlüsse mehr braucht – sondern es entsteht ein Zusammenwirken wie die Zellen in einem Organismus.

Ein festes Ego, erzeugt Angst und sucht Macht oder Unterwerfung als Ausweg gegen die Angst.
Ein fluides Ego ist fähig, eine neue „osmotischw“ Organisationsform – nicht hierarchisch, sondern anarchisch – wie die Zellen eines Körpers jedes an seinem Platz und im Austausch miteinander wir die Organellen in einer Zelle. Ich glaube zu spüren, dass wir Menschen, so wie wir naturverbunden, magisch, mythisch oder rational lebten, bzw. leben, so könnten wie auch sein wie Zellen in einem Organismus.
Der Mensch hat dann keine Angst mehr vor dem anderen Menschen, weil beide ja „Zellen“ desselben Organismus sind. Diese Zellen (Menschen, die sich selbst achten und dank dieser Selbstachtung weniger von Anerkennung von außerhalb abhängig sind) organisieren sich über Osmose, über unterschiedlich durchlässige Zellmembranen. Menschen sind einfach im Austausch miteinander, so wie Zellen in einem Organismus.
Diese Zellen kennen ihr eigenes Bedürfnis – aber vielleicht kennen sie NICHT das Bedürfnis des größeren Organismus, dessen Teil sie sind. Das reibt sich natürlich mit der aktuellen Weltsicht, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei… Besonders der Kontext der „Lebensglücksoptimierung“ steht da echt im Weg. Nicht alles, was sich für den einzelnen Menschen gut anfühlt, trägt zur eigenen Heilung, zum eigenen Wohlbefinden bei.

Das neue Zeitalter wird das Zeitalter des Willens sein, der Wille in jedem Menschen ist heilig, der Wille des Menschen ist sein Himmelreich, er kann Berge versetzen und die einfache Formel des neuen Zeitalter lautet: Tu was Du willst.
Doch diese Schwelle kann erst nach genügend „erledigten“ Hausaufgaben IN jedem Menschen überschritten werden. Jedes Trauma, jeder nicht aufgelöste Schmerz, jede Unehrlichkeit vor sich selbst, jede Überheblichkeit hindert die Menschheit wirklich EINS zu werden, zu einem großen Organismus zusammenzuwachsen und zusammen weiter zu wachsen. Das ist ein komplett neuer gesellschaftlicher Kontext!
Noch sehen Menschen in ihren Gegenübern letztendlich Konkurrenten, ja sogar „tickende Zeitbomben“, die Menschen haben Angst voreinander:

  • psychische Zeitbomben, die Terror verbreiten
  • physische Zeitbomben, die Keime und Viren verbreiten.

Und doch die Tür (noch) offen, dass jeder Mensch in sich RAUM entdeckt, sein kann, mit dem was ist und (endlich) aussteigt aus dem Kontext der Angst (das Ego bringt automatischerweise die Angst hervor, wenn es zu starr wird).
Angst kann jedoch süchtig („lieber etwas bekanntes suboptimales“, sagt mein energiesparendes Gehirn) machen und in diesem Fall wird die Menschheit sich zu Tode sichern.
In einem neuen Kontext wird die Menschheit rationales Sicherheitsbestreben sowie z.B.  Höflichkeit kennen und schätzen – und gleichzeitig wird das ganzheitliche Spüren (quasi die menschliche Osmose-Funktion) genauso wichtig und regelt auf eine neue Art und Weise das zwischenmenschliche Miteinander.

Jeder Mensch ist an seinem Startpunkt für den eigenen Weg zu sich selbst.
Es gibt irre viel Wege – aber ich glaube, den einen KÖNIGSWEG kann es nicht geben.

ich gehe meinen Weg
ich bin auf meinem Weg
ich trage den Weg in mir
ich bin mein Weg